Iran: Ministerpräsident Weil verteilt Lob für menschenverachtendes Regime
Wunsch des iranischen Volkes nach Freiheit vergessen und Profite mit Blutzoll sichern – unter dieser Devise reist der niedersächsische Ministerpräsident Weil in den Iran
(Focus Online – Gastbeitrag von Martin Patzelt - MdB)
Der niedersächsische Ministerpräsident Weil (SPD) reiste für fünf Tage in den Iran. Mit ihm reiste eine 30-köpfige Delegation in das Land, um dort mit dem Regime Geschäfte in Millionenhöhe abzuschließen und sich in einer vorgeschriebenen Route in Begleitung der Regierung den Iran „anzusehen“ (dpa – 19.04.2016).
Der Besuch von Weil setzt den Wettlauf um Profite fort, den westliche Länder nach dem Wegfall der Sanktionen gegen den Iran begonnen haben, nachdem im letzten Jahr zwischen den P5+1 und dem Regime ein Deal zum iranischen Atomprogramm abgeschlossen wurde. Seitdem geben sich westliche Regierungsvertreter in Teheran die Klinke in die Hand und jeder will vom „lukrativen Markt“ Iran profitieren. Man fragt sich, ob diese Kontakte legitim sind: politische Vertreter sind schließlich keine Wirtschaftsbosse, sondern Vertreter des Volkes und sie handeln im Auftrag des Parlamentes. Davon kann hier keine Rede sein, denn die Vorgaben des Parlamentes zu Dienstreisen in menschenrechtsverletzende Staaten werden nicht wahrgenommen. Niemand will die Mullahs reizen, es geht ums Geschäft, der Rest spielt keine Rolle. Menschenrechtsaktivisten fehlen in den Delegationen.
Doch noch viel schlimmer als dass ein Ministerpräsident im Auftrag der Konzerne tätig wird, ist der erbärmliche Versuch, die Teheraner Regierung um Hassan Rohani in eine Reformerecke zu schieben. Herr Weil ist sich sehr wohl bewusst, welchen Sturm der Entrüstung sein Besuch zum Terrorismussponsor und Menschenrechtsverletzer Nummer 1 in der Welt auslösen muss. Darum versucht er – wie einige seiner Kollegen auch – den Mullahs unter Präsident Hassan Rohani einen „Reformweg“ anzudichten. Das Image des „Reformers“ gab sich – unter höchst verdächtigem Beifall des Westens – bereits Präsident Chatami. Im Wahlkampf 2009 trat Präsidentschaftskandidat Mir Hossein Mussawi als „Reformer“ auf. Wohin der Weg dieser beiden „Reformer“ führte, ist bekannt. Unter Chatami baute der Iran sein Atomprogramm massiv auf und der damalige Verhandlungsführer Rohani belog den Westen über die Dimensionen dieses Vorhabens. Mussawi wurde unter Hausarrest gestellt und Tausende Iraner fanden nach den Protesten 2009 den Tod durch Folter und Hinrichtung.
Weil verweist auf die „steigenden Studentinnenzahlen“ im Iran und will daran den „Wandel“ im Land erkennen. Andere Fakten korrigieren drastisch diese Vorstellung. Für das „falsche“ Tragen des Hijab (also das Nichtbeachten der Zwangsverschleierung) wird Frauen von Bassidsch-Banden Säure ins Gesicht geschüttet – sie sind für ihr Leben entstellt. Frauen, die vergewaltigt worden sind, wird die Schuld daran zugeschoben und sie werden schwer bestraft, teilweise hingerichtet. Jedes Jahr werden Mädchen unter 18 Jahren zu Zehntausenden zur Ehe gezwungen. Frauen werden in der Öffentlichkeit unter den absurdesten Vorwänden drangsaliert und schikaniert. Einige der so genannten „reformierten“ Studentinnen wurden erst kürzlich niedergestochen, weil sie den Kleidungskodex der Mullahs nicht befolgten.
Das niedersächsische Parlament hat in einem Beschluss vom 20. Juni 2013 (Drs. 17/341) vorgegeben, dass Menschenrechte bei Dienstbesuchen in menschenrechtsverletzenden Staaten angesprochen und behandelt werden müssen. Zudem werden Treffen mit Oppositionsgruppen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Menschenrechtsanwälten explizit vom Parlament gefordert.
Doch das spielt alles keine Rolle im Reigen der Lobhudelei für eines der menschenverachtendsten Regime der Welt. Die weit über 500 Proteste des Volkes, die im letzten Jahr im Iran zu verzeichnen waren, die jedes Jahr in Paris auf einer großen Kundgebung von mehr als 100.000 Exiliranern geäußerte Forderung nach Freiheit und Demokratie, die Massenproteste gegen die Besuche von Rohani in Paris, Rom und Wien (sie führten gar zur Absage der Reise von Rohani nach Österreich!) – all das spielt keine Rolle, nicht einmal der gewaltige Blutzoll von über 120.000 Kämpfern für Freiheit und Demokratie im Iran, die seit 1979 von den Mullahs getötet worden sind.
Die SPD ist in einigen Umfragen der letzten Wochen unter 20 Prozent der Wählergunst gerutscht. Reisen von prominenten Mitgliedern dieser Partei zum Urvater des modernen islamistischen Terrorismus werden diese Werte wohl kaum verbessern, sondern stattdessen politischen Kräften in die Hände spielen, die ein diskriminierendes Vorgehen gegen alle Muslime, auch die Flüchtlinge verlangen. Sie werden das Vertrauen in die SPD als Bewahrerin und Verteidigerin von Bürger- und Menschenrechten noch weiter sinken lassen.