"Epizentrum des Fundamentalismus und als Sponsor des Terrorismus"
Berlin/Wien (APA) - Während die USA laut Präsident Barack Obama Fortschritte bei den Atom-Verhandlungen mit dem Iran konstatieren und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA/IAEO) am Montag ein fünfköpfiges Expertenteam nach Teheran schickte, um über technische Details des iranischen Atomprogramms zu verhandeln, warnt die iranische Exil-Opposition den Westen vor "Illusionen".
Das bekräftigte ein Sprecher des Nationalen Widerstandsrats Iran (NWRI) am Montag gegenüber der APA. Bereits am Wochenende hatte ein "Kongress" der iranischen Exil-Opposition in der deutschen Hauptstadt Berlin Alarm geschlagen. Kurz zusammengefasst lautete der Tenor: Abrechnung mit Irans Diktatur als Epizentrum des Fundamentalismus und als Sponsor des Terrorismus, Kritik an der Schwäche westlicher Regierungen und scharfe Warnungen, den Mullahs in den Atomverhandlungen nachzugeben.
Es war nicht nur ein Gipfeltreffen von Oppositionellen aus dem europäischen Exil, es war ein Gipfeltreffen über Wurzeln und Gefahren des islamischen Fundamentalismus und die westliche Unfähigkeit, damit umzugehen. Nicht nur die in Paris agierende Präsidentin des Nationalen Widerstandsrates Iran, Maryam Rajavi, sondern auch zahlreiche europäische Ex-Politiker und der frühere New Yorker Bürgermeister Rudolph Giuilani wurden im Berliner Velodrom von Zehntausenden Teilnehmern für ihre Kritik an Teheran und an Illusionen des Westens gefeiert.
Der frühere außenpolitischer Berater von Bundeskanzler Helmut Kohl, Horst Teltschik, kritisierte die amtierende Bundesregierung, vor allem Innenminister Thomas de Maizière, für deren Weigerung, weitere 150 Menschen aus dem "Camp Liberty" nach Deutschland zu holen. Das Camp beherbergt rund 2.500 oppositionelle Iraner im Irak, die dort Gewalttaten ausgeliefert sind und vernichtet werden sollen. "Es ist grotesk, in diesen Menschen eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland zu sehen", sagte Teltschik. Auch die USA forderte er auf, Menschen aus dem Lager aufzunehmen: " Es ist höchste Zeit!"
Das iranische Regime sehe derzeit die Chance gekommen, zur regionalen Vormacht im Mittleren Osten zu werden. Deshalb seien, so Teltschik, ehemaliger Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Zweifel berechtigt, ob das Regime auf die Entwicklung nuklearer Waffen dauerhaft verzichte. "Vermutlich verfügen sie bereits über die Technologie, Atomwaffen zu produzieren. Die Voraussetzungen dafür haben die Mullahs längst geschaffen." Dennoch komme eine militärische Lösung nicht in Frage. Sie könnte sich für den gesamten Nahen und Mittleren Osten zum Albtraum entwickeln.
Auch der frühere EU-Kommissar Günter Verheugen warnte den Westen vor Illusionen und Selbstbetrug, man könne mit den Mullahs verlässliche Vereinbarungen treffen: "Es gibt mit denen keine dauerhafte Partnerschaft, und die Menschenrechtsverletzungen müssen jeden Tag aufs Neue angeprangert werden!" Verheugen kritisierte Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier sowie Bundespräsident Joachim Gauck, "dass sie Maryam Rajavi, diese bedeutende Frau, nicht empfangen haben".
Rajavi hatte als Hauptrednerin die in Teheran herrschende religiöse Diktatur als Herz des Fundamentalismus-Problems in der gesamten Region bezeichnet. "Irans Unterstützung für die Diktatur Bashar Assads in Syrien, für Maliki im Irak und in anderen Ländern führte zur Entstehung der fundamentalistischen Milizen und des IS." Steinigungen, Augenausstechen, Amputation von Gliedmaßen im Strafgesetz, Massakrieren von politischen Gefangenen, Rekordzahlen an Folterungen und Hinrichtungen, auch von Frauen und Jugendlichen: "Das Regime ist der Pate des Terrorismus und die stärkste Bedrohung des Weltfriedens."
Rajavi kritisierte die westliche Beschwichtigungspolitik und die Konfusion im Umgang mit IS und dem Extremismus im Namen des Islam. Sie warnte eindringlich davor, dem iranischen Regime Konzessionen bei den Atomverhandlungen anzubieten. Das Schweigen des Westens über die aktuellen unmenschlichen Verbrechen, nur um damit die Atomverhandlungen nicht zu belasten, ermuntere die Mullahs, die Gräueltaten fortzusetzen und ihr Atombombenprojekt weiter zu betreiben. "Die Mullahs sind aus einer Situation der Verzweiflung an den Verhandlungstisch gekommen, aber die Politik des Appeasements hat ihnen wieder Mut gemacht. Solche schwache Politik stärkt den Fundamentalismus."
Der Nationale Widerstandsrat wurde 1981, zwei Jahre nach der Revolution durch Ayatollah Khomeini, gegründet. Maryam Rajavi, Chefin der iranischen Exil-Opposition und deren gewählte Präsidentin, tritt für eine demokratische Republik auf der Grundlage strikter Trennung von Staat und Religion, von Pluralismus und Gleichstellung von Mann und Frau ein.