Die Welt Gastkommentar
Nur eine Revolution im Land wird die Bedrohung wirklich beenden können
Der islamische Fundamentalismus, schon vor Jahrhunderten ersonnen, wurde erst zu einer Bedrohung, als im Februar 1979 die Mullahs im Iran an die Macht kamen. Die Gründung einer Theokratie signalisierte anderen extremistischen Gruppen, dass sie mit Erfolg versuchen könnten, ihrerseits eine "Gottesherrschaft" auf die Beine zu stellen. In der Verfassung der Mullahs ist niedergelegt, dass die im Iran bestehende Herrschaft der Geistlichkeit die Gründung einer vereinigten weltweiten Gemeinschaft der Gläubigen vollziehen wird. Die Verfassung schreibt vor, dass zu diesem Zweck die "Armee der Islamischen Republik und das Korps der Islamischen Revolutionswächter gebildet werden".
Der Export des Fundamentalismus ist ein Grundpfeiler der Mullah-Herrschaft. In den vergangenen 35 Jahren sind die Armee und die Revolutionsgarde gegründet und ausgebaut worden. Zu ihnen gehört die Quds-Miliz der Revolutionsgarde, die den Irak, Syrien, den Libanon und den Jemen in Krisen gestürzt hat. Die Gemeinsamkeiten zwischen dem schiitischen und dem sunnitischen Fundamentalismus sind stärker als die Unterschiede. Beide sind frauenfeindlich und wenden Gewalt an, um die Menschen zu einem Religionsbekenntnis zu zwingen. Beide verhängen die grausamsten Strafen mit dem Anstrich der Scharia. Blinde Feindseligkeit gegen den Westen als Ganzes kettet sie aneinander.
Unter politischem und strategischem Gesichtspunkt hat die Unterdrückung der Sunniten im Irak dem IS einen fruchtbaren Boden zur Entfaltung geschaffen. Der Völkermord, der dort von den dem iranischen Regime unterstehenden Milizionären verübt wurde, hat verhindert, dass die Sunniten sich mobilisierten und gegen den IS vorgingen. Ähnlich in Syrien: Hätten nicht Kräfte unter dem Befehl der Revolutionsgarden syrische Menschen massakriert, um die Diktatur Assads zu stützen, wäre dem IS niemals eine solche Expansion gelungen. Inzwischen wird von einigen versucht, den sunnitischen Fundamentalismus als Hauptbedrohung hinzustellen, gegen die der Westen mit dem Iran vorgehen müsse. Dies ist eine irrige Einbildung. Sie bildet die theoretische Basis der Politik, die unsere Welt in die gegenwärtige Katastrophe geführt hat.
Wenn man mit dem iranischen Regime im Irak und in Syrien zusammengeht, gibt man diesem Regime und seiner Quds-Miliz die Gelegenheit, andere Länder der Region in Verwüstung und Blutvergießen hineinzuziehen. Ein ebenso gefährliches Kalkül besagt, eine Zusammenarbeit mit dem iranischen Regime im Irak wäre eine Konzession an Teheran, die das Regime von seinem Streben nach der Atombombe abbringen könnte. Im Gegenteil: Ein Teheran, das von seiner Dominanz im Irak gestärkt ist, hat gar keine Veranlassung, die Atombombe aufzugeben. Seit fast dreißig Jahren investieren die Mullahs in die Entwicklung der Atombombe, die das Überleben des Regimes garantieren soll. Auf dem Weg zur Atomwaffe haben sie kein Täuschungsmanöver ausgelassen und den guten Willen des Westens ausgenutzt, um ihr Ziel zu erreichen. Zur Eindämmung des islamischen Fundamentalismus müssen vier Schritte getan werden:
• Auf kultureller Ebene muss dem Fundamentalismus ein demokratischer Islam entgegengesetzt werden. Diese zwei Auffassungen des Islam sind diametral verschieden. Die eine basiert auf Unterdrückung, Terror und Frauenhass, die andere ist freiheitlich, tolerant und tritt für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein. In diesem Kampf muss der Westen sich auf die Seite des demokratischen Islam stellen.
• Das iranische Regime und seine Söldner müssen aus dem Irak und Syrien vertrieben werden. Erst dann kann die Region und die Welt von dem üblen Fundamentalismus geheilt werden.
• Der Sturz Assads und die Beendigung der Tragödie Syriens wird die Terroristen bei neuen Rekrutierungen schwächen. Die falsche Auffassung, Assads Sturz würde den Terrorismus verstärken, wird von Teheran angefacht.
• Die endgültige Lösung und die Überwindung des islamischen Fundamentalismus besteht im Regimewechsel und in der Errichtung der Demokratie im Iran.
Maryam Rajavi ist Präsidentin des Nationalen Widerstandes Iran, einer iranischen Oppositionsgruppe.