Sunday Telegraph: Man muss nur auf den Iran schauen

Christopher-Booker-006„Der Westen läßt sich im Mittleren Osten blenden"Von Christopher Booker

Seit der Wahl von Rohani sind Tausende weitere Iraner inhaftiert worden und Duzende wurden gehängt, viele davon öffentlich, um potentielle Dissidenten abzuschrecken.

Der Westen läßt sich im Mittleren Osten blenden – Man muss nur auf den Iran schauen

Von Christopher Booker – Sunday Telegraph

Wieder einmal sieht der Westen mit großen Augen und voller Erstaunen zu, welche Tragödien sich im Mittleren Osten ereignen. Der euphorische Wunsch des „arabischen Frühlings" vor zwei Jahren scheint Millionen Kilometer entfernt, wenn man sich das blutige Chaos in Ägypten ansieht und die Katastrophe in Syrien hat epische Ausmaße erreicht. Im Libanon kehrt die Gewalt zurück und das Land wird von gewaltigen Bombenanschlägen der Hisbollah erschüttert, Tausende sterben in ethnischen Konflikten in einem vom Westen „befreiten" Irak und auch die endlosen „Friedensgespräche", von den USA initiiert, um Israel und Palästina an einen Tische zu bringen, scheitern, so wie immer.

Nirgendwo auf der Welt ist der Westen so unfähig, die Realitäten zu erkennen, wie im Mittleren Osten und dies wird bei dem mächtigsten und brutalsten Regime der Region, der theokratischen Diktatur im Iran, deutlich. Obwohl es sein eigenes Volk mit eiserner Hand unterdrücken muß, hat es in quasi fast jedem Land in der Region seine dreckigen Finger im Spiel – vom Hauptsponsor des Assad Regimes in Syrien bis hin zur Unterstützung der Hamas oder der Hisbollah in Palästina und Libanon, sein Schatten zeigt sich auch in der korrupten Regierung um al-Maliki und möglicherweise auch als Alliierter der Muslimbrüder in Ägypten.

Gerade eben erst wurden wir Zeuge der endlosen Leichtgläubigkeit gegenüber dem Iran, nachdem der neue iranische Präsident gewählt wurde. Der neue Präsident Rohani wurde in den Medien und in Regierungskreisen als „moderat" und als „Reformer" gefeiert, welcher die Türen zu besseren Beziehungen mit dem Iran öffnen kann, vor allem deshalb, weil der Iran zu einer Atommacht hin strebt.

Was die wenigsten im Westen verstehen wollen, ist, dass Rohani – so wie sein Vorgänger Ahmadinejad – nichts anderes als eine Kreatur des wahren Mächtigen im Iran ist und das ist – wie jeher – der „oberste geistliche Führer" Ajatollah Khamenei. Rohani durfte an dieser Scheinwahl nur teilnehmen, weil er vom geistlichen Führer und seinem Wächterrat zugelassen wurde. Khamenei ist seit mehr als 20 Jahren der Architekt des Regimes und er steuert den Apparat des Herzens des Militärs, des Sicherheitsapparates und der Geheimdienste.

In den 80er Jahren war Rohani Oberbefehlshaber der bewaffneten Einheiten des Regimes, dann diente er 16 Jahre lang als Sekretär im Obersten Nationalen Sicherheitsrat. Er leitete 1999 die brutale und ruchlose Niederschlagung der Studentenproteste und sagte damals:" Es gibt eine revolutionäre Anweisung, jede Bewegung der Dissidenten zu zerschlagen und dies ohne Gnade." Zwischen 2003 und 2005 leitete er die Verhandlungen mit dem Westen und der Sunday Telegraph schrieb 2006, wie er den Westen austrickste und aus den Gesprächen mit „Großbritannien, Deutschland und Frankreich seinen Nutzen zog, um im Geheimen das Atomprogramm fortsetzen zu können." Schnell nach seiner Wahl im Juni machte er dann auch folgerichtig deutlich, dass der Iran sein Atomprogramm nicht stoppen wird.

Er machte auch keinen Hehl daraus, dass der Iran Assad und sein mörderisches Regime bei der Niederschlagung des Volksaufstandes weiter unterstützen wird. Sein neuer Verteidigungsminister – Hossein Dehghan, ist direkt für die Verbreitung des Terrorismus durch die Qods Einheiten der Revolutionsgarden (ähnlich wie der KGB aufgebaut) verantwortlich. Er war einer der Geiselnehmer bei der Erstürmung der US Botschaft 1979, bei der 44 Geiseln genommen wurden. Sein Justizminister - Mostafa Pourmohammadi – spielte eine zentrale Rolle bei dem Massaker an politischen Gefangenen 1988, bei denen schätzungsweise 30.000 Menschen hingerichtet wurden. Die meisten von ihnen gehörten den Volksmojahedin Iran (PMOI/MEK) an, die Teil der größten iranischen Dissidentenbewegung, dem Nationalen Widerstandsrat Iran (NWRI), sind.

Seit der Wahl von Rohani sind Tausende weitere Iraner inhaftiert worden und Duzende wurden gehängt, viele davon öffentlich, um potentielle Dissidenten abzuschrecken. Und dennoch nennt man diesen Mann „moderat" und einen „Reformer". Die Präsidentin des iranischen Widerstandes, Maryam Rajavi, sagte im Juni bei einer Kundgebung vor mehr als 100.000 Exiliranern in Paris, dass das Land wahrlich nicht als in Richtung „moderat" gehend bezeichnet werden kann, weil seine Menschen weiterhin keine Rede- und Meinungsfreiheit haben. Es gibt keine freien Parteien und die politischen Gefangenen wurden nicht befreit und das Land mischt sich weiterhin mit kriegerischen Mitteln im Syrien und im Irak ein und es will nicht von dem Wunsch einer Atommacht zurück treten. Die Mullahs müssen so reagieren, denn wenn sie hier nachgeben, werden sie gestürzt werden. Daher breitet sich das gefährlichste und mörderischste Regime im Mittleren Osten aus und weitet seinen Terror im Land und im Ausland aus, doch der Westen interpretiert die neue Regierung als „moderat", weil er hofft, wieder mehr Geschäfte mit dem Regime tätigen zu können. Doch was die elementare Bedrohung von Kernwaffen betrifft, so wird sich auch das Kabinett um Rohani nicht von seinem eingeschlagenen Weg beirren lassen.