Die pro-westlichen Geostrategen und die pro-iranischen Analysten kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Der vier Jahre andauernde syrische Bürgerkrieg hat den Staat Syrien faktisch aufgelöst. Die staatliche Ohnmacht der irakischen Regierung seit Abzug der Amerikaner, die Selbst-Auflösung seiner Armee und der Einzug iranischer Militärberater haben die Aufteilung des Irak in drei Teile (kurdisch, schiitisch und sunnitisch (ISIS) beherrschte Zonen), nach sich gezogen. Zu diesem Ergebnis gehört aber auch, dass in beiden Ländern Syrien und Irak, neben dem Regime in Teheran, ISIS zur Besatzungsmacht geworden sind.
Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel im Nahen Osten
Nach bisheriger Lesart war die USA die Macht, die Sicherheitsgarantien übernahm und somit automatisch zum Hegemon wurde. Nach dem Bush-Desaster folgte nun die Obama-Doktrin des Rückzugs und der Abgabe von Verantwortung an lokale Kräfte. Der Wille Obamas, die über zehn Jahre währenden Atomverhandlungen zu beenden, war ein weiterer Schritt der Verabschiedung aus dem Nahen Osten. Auch dies endet gerade im Desaster.
Das Schwellenland Iran wurde ungeheuer aufgewertet, allein durch die in allen Medien präsenten Verhandlungen auf Augenhöhe mit den Weltmächten und Deutschland. Die Länder im 1.bis 8.Rang beim Brutto-Inlandsprodukt sprechen mit Rang 32. Hiermit wurde der Iran in den Rang einer mitentscheidenden Weltmacht erhoben.
Darüber hinaus hat die USA in den Nachbarstaaten mit ihrem Rückzug ein Vakuum hinterlassen, in das der Iran und andere islamistische Kräfte einströmen. Und dies entspricht genau den Vorstellungen der islamischen Fundamentalisten.
Es ist das Ergebnis eines expansiven, fundamentalistischen, schiitischen Islam, der in Teheran seinen Anfang nahm. Die religiös begründete Ideologie einer apokalyptischen Befreiung durch die Mahadisten, oder auch "zwölfer Schiiten" genannt, soll laut der theokratischen Verfassung und der staatlichen Strategie der Islamischen Republik, verkündet schon nach der Revolution durch Ajatollah Khomenii, zum Endsieg des Islam über die Welt führen.
Dieser Strategie nach geht der Weg über Kerbala im Irak, nach Jerusalem. Kerbala ist die heilige Stadt der Schiiten im Irak und Ort der vernichtenden Niederlage Imam Husseins am 10. Oktober 680 n.Chr. durch die Sunniten und wurde damit Begründungsmythos des Märtyrerkultus im Iran und Teilen Iraks. Die "Befreiung Jerusalems" würde folglich den Sieg über das Christentum und das Judentum bedeuten, nachdem in Kerbala, also Irak, zuerst das Sunnitentum besiegt werden würde.
Im faktischen jetzt und heute haben sich die Regime in Syrien und Irak durch ihr eigenes Verhalten, das westliche Zögern und das Zutun der hochrangigen iranischen Berater in Bürgerkriegszonen, in "failed states", verwandelt. Diese Bürgerkriege führen letztlich zu ethnischen, religiösen sowie politischen Säuberungen und Besetzungen. Aus dem "arabischen Frühling", einem demokratischen Aufbegehren, machte der Iran das "islamische Erwachen".
Die friedlichen demokratischen Aufstände scheiterten angesichts der brutalen Repression, dem offenen Morden und Foltern. In Syrien kippte der Aufstand in einen andauernden Bürgerkrieg mit inzwischen 260.000 Toten, Zivilisten und Kämpfern. Der erste Profiteur der Arabischen Aufstände waren die Muslimbrüder unter Mursi und ihre traditionellen Verbündeten, wie die Türkei. Der Sturz der Muslimbrüder in Ägypten wendete das Blatt und stärkte aber gleichzeitig die sunnitischen Extremisten in Syrien, Libyen und Irak. Viele Djiadisten hatten sich in den Sinai, Syrien und den Irak verlagert und der ISIS angeschlossen. Das Ergebnis heißt Besatzungsmacht Iran und ein wahrscheinlich vorübergehendes Kalifat IS.
Mit militärischen Säuberungen, durch Milizen, die der Iran aufgebaut und ausgestattet hat, sollen hunderttausende iranische Söldner und reguläre Sonderauslandseinheiten "Quds"zunächst die ISIS und dann die demokratischen Rebellen besiegen und die Staaten Syrien und Irak zu Vasallenstaaten des Iran machen und damit den Weg zur "Befreiung" Jerusalem und zur Vernichtung des Staates Israel freimachen.
Dieses bedeutet aus der Sicht des Islamischen Fundamentalismus die Vertreibung des Westens aus dem Nahen Osten und die eigene Machtübernahme im Nahen Osten. Natürlich hat dies in der arabischen Liga Entsetzen und ein neuerliches Aufrüsten ausgelöst. Der Bürgerkrieg im Jemen war eine weitere logische Konsequenz dieser Politik.
Nun hat der Fall der Städte Ramadis und Palmyra mit ihrem Weltkulturerbe, selbst bei der iranisch geführten "Achse des Widerstandes" Angst und Schrecken ausgelöst. Nun werden noch mehr libanesische und irakische Hisbollah, schiitische Milizen, iranische Qudstruppen in die Schlacht gegen IS geworfen. General Kassem Suleimani, der Kommandant der Qud-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden und Chefstratege Irans im Irak, unterstellt den Amerikanern ohnehin zu wenig Einsatz gegen IS. Nur Iran sei im Kampf «gegen dieses gefährliche Phänomen» präsent, sagte Suleimani.
In Teheran macht man sich Sorgen, IS könne auch den Iran angreifen
Die Entfernung von Mosul, Ramadi zum Staatsgebiet Iran ist gerade mal rund 200 Kilometer. "Sollte es zu einer Aggression gegen die iranischen Grenzen kommen, werden wir nicht wie bisher innerhalb unserer Grenzen bleiben", sagte Mohsen Rezaei, Sekretär des Schlichtungsrats und früherer Oberkommandant der Revolutionswächter, warnend.
Die regimenahe Website "irananders" stellt klar, dass der Westen Irrtümern oblag. Nahezu sämtliche westliche Analysten und Experten hätten nicht mit einem langen Konflikt gerechnet. Im Gegenteil waren sie sich einig, dass der syrische Präsident Bashar al-Assad innerhalb von wenigen Monaten gestürzt werden könnte. Der Autor unterstellt den westlichen Experten die Annahme, sie hätten geglaubt, dass die Unruhen und der Krieg in Syrien die Position der Islamischen Republik Iran im Nahen Osten immens schwächen würde.
Man hätte damit die Hoffnung verbunden, dass die Instabilität in Syrien und Irak Teheran im Hinblick auf beide Länder, den Libanon und Israel handlungsunfähig machen würde. Der Gegensatz dazu sei aber nun eingetreten, denn noch nie in seiner Geschichte sei Syrien oder Irak derart vom Iran abhängig gewesen. Der Iran leiste zivile, finanzielle Hilfe in Milliardenhöhe und militärische Unterstützung.
Allen voran hätten die Berater und Ausbilder der iranischen Revolutionsgarden dazu beigetragen, die syrischen Streitkräfte in Guerillataktik und Städtekampf einzuweisen und zu schulen. Denn das syrische Militär sei zuvor lediglich auf den klassischen Krieg gegen Israel vorbereitet gewesen. Nur mit dieser strategischen Hilfe und dem Eingreifen iranischer Spezialkräfte sei es gelungen, den Bürgeraufstand zu bändigen.
Laut "irananders" sei die Umgestaltung der berüchtigten Shabiha-Miliz in eine straffere und diszipliniertere Volksmiliz namens „National Defence Force" das Werk des Iran. Diese meist ortsansässige Miliz der Alawiten verstärkt durch iranische Freiwillige, meist zwangsrekrutierte Afghanen, seien wichtig, Ortschaften zu sichern, dazu befreien und zu säubern. Sie hätten das syrische Militär wesentlich entlastet und ihre Kämpfer bewiesen eine bessere Kampfmoral als Soldaten als die reguläre syrische Armee.
Neben diesen militärischen Hilfen unterhält die Islamische Republik Iran eine Reihe von schiitischen Milizen in Syrien, an erster Stelle die libanesische Hisbollah, die unter ihrer Befehlsgewalt stünden. Die Unterstützung Irans für die Syrer und Irakischen Schiiten hat nicht nur Assads militärisches Überleben garantiert, sondern habe vor allem den Aktionsradius Irans in der Region ausgeweitet und damit geopolitisch gestärkt. (2)
Es wird also unumwunden zugegeben und bestätigt, dass sich ohne die iranische Hilfe die Regime Assad und Maleki, jetzt Al-Abadi nicht hätten halten können. Das beruht sicher auch auf der zögerlichen Haltung des Westens gegenüber den oppositionellen Kräften und der Obama Doktrin, sich aus dem Nahen Osten zurück zu ziehen. Das damit entstandene Vakuum nach der US Vormachtstellung füllt sich automatisch von den regionalen Mächtigen.
Also standen auch Saudi Arabien, die Türkei und Ägypten auf der regionalen Bühne und mischten sich ein. Es ist jedoch richtig, dass sich trotz aller Beschlüsse der arabischen Liga und der Intervention der neuerlichen Golf Allianz mit westlicher Lufthilfe, der Iran in Syrien und Irak, aber auch Libanon festsetzen konnte und sich zum alleinigen Retter stilisiert.
Fazit
"Arabischer Frühling" und " Islamisches Erwachen" nutzte Teheran, um seine ideologischen und nationalen Machtinteressen zu realisieren und sitzt deshalb heute in Syrien und Irak fest im Sattel. Beide Staaten sind bis jetzt "failed States" und bedürfen zur weiteren Existenz sofortiger militärischer Hilfe. Der schwache Wille des Westens wird ersetzt durch den Expansionsdrang Teherans. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker zerbricht am religiösen Imperialismus des schiitischen Fundamentalismus und neuen Nationalismus der "Islamischen Republik".
Wie wird das geschehen ? Syrien ist Besatzungsgebiet. In einem Fachgespräch der Redaktion von spotlightMenschenrechte für Abgeordnete und Fachjournalisten äußerte sich als Experte der Syrischen Situation das Vorstandsmitglied Usahma Felix Darrah vom Verband der syrischen Hilfsvereine. Die ethnischen und religiösen Säuberungen werden von Assads Armee, ISIS und schiitischen Milizen, wie der Hisbollah , gleichermaßen verbrecherisch vollzogen.
Assad lässt Fassbomben und Chlorgasbomben abwerfen, um dann die verlassen Ort und Städte durch Söldner besetzen und in Besitz nehmen zu lassen. Danach kämen die iranischen Geschäftsleute und kauften alles auf, ganze Straßenzüge. Am Ende dieser Konflikte habe man dann eine Besatzungsmacht Iran. ISIS spiele letztlich keine Rolle mehr.
Was soll dagegen gemacht werden? Der Westen und die Vereinten Nationen, das heißt, die demokratisch verfassten Staaten sollten Ihrer Pflicht nachkommen, diejenigen zu unterstützen, die für den Wandel und Aufbau neuer demokratischer Strukturen eintreten. Zu zögerlich werden die Oppositionellen in Syrien, Irak und Iran unterstützt. Im Fall der Syrischen Nationalen Koalition scheint sich dies geändert zu haben.
Die offizielle Botschaft Syriens in Deutschland wurde geschlossen und der Sprecher der Koalition zum offiziellen Gesprächspartner. Mir erscheint dieser Weg der richtige Ansatz zu sein, langsam, aber entschieden Veränderungen herbeizuführen, auch wenn es beschwerlich ist. Appeasementpolitik mit unendlichen Verhandlungen und unklaren Ergebnissen stärken die Diktaturen. Aufhebung von Sanktionen verschafft ihnen auch noch die nötigen finanziellen Mittel, Ihre Machtinteressen weiter zu entwickeln.