Neuer iranischer UN-Botschafter - Geiselnehmer der US-Botschaft und Drahtzieher der Ermordung iranischer Oppositioneller in Rom
Eine neue Personalie im iranischen Regime bereitet der Obama-Administration Kopfzerbrechen. Vor kurzem ernannte das Kabinett des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani Hamid Abutalebi zum neuen UN-Botschafter der Islamischen Republik. Pikant ist, dass Hamid Abutalebi einer der Personen war, die 1979 die US-Botschaft in Teheran stürmten, US-Botschaftsangehörige folterten, verhörten und sie 444 Tage lang als Geiseln festhielten. Die Tat zog eine jahrzehntelange politische Eiszeit zwischen beiden Ländern und den Abbruch ihrer diplomatischen Beziehungen nach sich.
Abutalebi: Geiselnehmer und Terror-Drahtzieher als UN-Diplomat getarnt
Das Foto von Hamid Abutalebi taucht auf der Webseite der „Muslimischen Studenten zur Verteidigung der Linie des Iman" auf, welche alle Studenten mit Fotos vorstellt, die damals die US-Botschaft stürmten. Abutalebi hingegen gibt vor, sein Engagement in jener Zeit sei auf „einige Übersetzungstätigkeiten, die eine spätere Freilassung erleichterten", beschränkt gewesen.
Das Problem für die Obama-Regierung besteht darin, dass Abutalebi für seine neue Tätigkeit durch US-Territorium reisen und dafür ein Visum erhalten muss. Das UN-Hauptquartier selbst liegt auf neutralem Boden, aber um zu ihm zu gelangen, muss man US-Territorium überqueren.
Die Erstürmung der US-Botschaft 1979 durch fanatische iranische Studenten, die nach Anweisung von Ajatollah Chomeini handelten, gilt bis heute als eine der brutalsten Aktionen gegenüber westlichen Botschaftsangehörigen. Vor allem in den USA selbst ist die Geiselnahme noch heute bei Diplomaten und Politikern in genauer Erinnerung. Daher führt die Frage, wie man Abutalebi ein Visum erteilen könne, die Regierung von Präsident Obama in eine Zwickmühle.
Die USA befinden sich seit der Machtübernahme von Präsident Hassan Rohani in Verhandlungen mit dem iranischen Regime und haben mit ihm ein sensibles Übergangsabkommen in der Frage des iranischen Atomprogramms abgeschlossen. Auf der anderen Seite machen zahlreiche Mitglieder des US-Senats mit zunehmendem Nachdruck geltend, dass sie eine Einreise von iranischen Vertretern, die an der Geiselnahme der US-Botschaft teilnahmen, strikt ablehnen.
Von offizieller Seite wird die mögliche Erteilung eines US-Visums an Abutalebi bisher heruntergespielt: „Wir wissen, dass Abutalebi Mitglied der Geiselgruppe war, aber wir erteilen keine Auskünfte zu aktuellen Visaverfahren", beschied Sprecherin Marie Harf vom US-Außenministerium in einer Stellungnahme. Doch Iran-Experten in den USA gehen davon aus, dass der Antrag von Abutalebi zu einer längeren Prüfung und zu Diskussionen im US-Außenministerium führen wird.
Dabei wurde bereits 2005 die Erteilung eines US-Visums an einen iranischen Vertreter zu einem ähnlich problematischen Fall. Damals handelte es sich um „keinen Geringeren" als den damaligen iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad. Das Ministerium für Innere Sicherheit leitete damals den Fall zur Prüfung an das US-Außenministerium weiter, denn auch Ahmadinejad wurde verdächtigt, an der Geiselnahme 1979 beteiligt gewesen zu sein. Erst nach einer Anhörung von damaligen US-Botschaftern wurde Ahmadinejad das Visum erteilt.
Doch im Grunde ist nicht zu erkennen, welche Kriterien das US-Außenministerium bei der Erteilung von Visa anwendet. Zwar sind die USA verpflichtet, Visa an Vertreter von UN-Mitgliedsstaaten zu erteilen, doch werden Visumsanträge auch des Öfteren verweigert. „Präsidenten von allen möglichen brutalen Unterdrückerstaaten, von Kuba bis hin zu afrikanischen Ländern haben Visa erhalten. Niemand weiß genau, nach welchen Kriterien Visa erteilt oder nicht erteilt werden", sagt ein früherer Mitarbeiter des Stabs von US-Präsident Jimmy Carter, in dessen Amtszeit die Geiselnahme stattfand.
Frühere US-Botschafter, die damals als Geiseln beteiligt waren, haben kein Verständnis dafür, dass die iranische Regierung Abutalebi zum UN-Botschafter ernannt hat. Michael Metrinko, der als Geisel geschlagen und verhört wurde, erklärte dazu: „Die Entscheidung für seine Ernennung ist einfach nur dumm und widersinnig, aber die iranische Regierung hat auch keinerlei Unrechtsbewusstsein für diese Tat, obwohl es eine der schwersten Verletzungen diplomatischer Normen und Protokolle in der Nachkriegsgeschichte war."
Bisher hat keine Entschädigung der Opfer von 1979 durch den Iran stattgefunden. Seit 2000 bemühen sich Anwälte um eine Kompensation für die Opfer, bisher jedoch ohne Erfolg.
Abutalebi ist auch beim iranischen Widerstand kein unbeschriebenes Blatt. Der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) ließ in einer Erklärung vom 2. April weitere Details über Abutalebi verlauten und machte vor allem seine Rolle bei der Ermordung des iranischen Dissidenten Mohammad-Hossein Naghdi 1993 in Rom deutlich. Nahgdi ist 1982 als hochrangiger, iranischer Diplomat des iranischen Regimes aufgrund der Massenhinrichtungen im Iran zum iranischen Widerstand übergelaufen und arbeitete seitdem für ihn. Abutalebi war von 1988 bis 1992 als iranischer Botschafter unter einem Decknamen in Italien tätig.
In den Untersuchungsberichten der italienischen Polizei ist anhand mehrerer Augenzeugen bestätigt worden, dass Abutalebi Organisator und Drahtzieher der Ermordung von Nahgdi war. Er soll damals ein Team betreut haben, welches extra aus dem Iran eingeflogen wurde, um die Ermordung durchzuführen, vor allem, weil er Naghdi aus seiner gemeinsamen Zeit als Diplomat im Dienste Teherans noch gut kannte.
In der Erklärung des iranischen Widerstandes wird auch auf weitere Stationen der politischen Laufbahn Abutalebi hingewiesen. Nach einem Intermezzo in Algerien, wo Abutalebi an dem Aufbau sogenannter „Widerstandsgruppen zur Befreiung der dritten Welt" teilnahm, ging er 1981 in den Geheimdienstbereich des iranischen Außenministeriums und dann nach Senegal, wo er von dessen Regierung später zur „unerwünschten Person" erklärt wurde.