Wien (Die Presse) - Im Auftrag der US-Regierung reist ein Sondergesandten durch europäische Hauptstädte, um dort die Regierungen vor einer "Iran-Euphorie" zu warnen, insbesondere vor einer voreiligen Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu iranischen Unternehmen. Die USA sind in Sorge, dass mit Inkrafttreten des im November zwischen der G5+1 und Iran getroffenen vorläufigen Atomabkommens die Sanktionen komplett ausgehebelt werden. Um dies zu verhindern, schickte Washington den Unterstaatssekretär im US-Finanzministerium, David S. Cohen, als Emissär nach Berlin, Rom, London, Istanbul und Wien. Mit eindringlichen Worten wies er darauf hin, dass die Sanktionen gegen Iran mit diesem Abkommen noch nicht aufgehoben worden seien und die Lockerungen - falls der Iran seine Zusagen nicht einhalten sollte - nach sechs Monaten wieder rückgängig gemacht werden können. Von seinem Auslandsvermögen in Höhe von insgesamt etwa 100 Milliarden Dollar, auf das der Iran derzeit keinen Zugriff hat, sollen nach dem Abkommen ca. 4,2 Milliarden freigegeben werden. Außerdem können ab Montag wieder Autoteile und petrochemische Produkte in den Iran geliefert werden. Ölgeschäfte bleiben jedoch weiterhin auf sechs Länder, darunter Indien, Japan, Südkorea und die Türkei, welche die USA von ihren Sanktionen ausgenommen haben, beschränkt. Auf einen sich anbahnenden Vertrag über den Export von iranischem Erdöl nach Russland im Wert von 1,5 Milliarden Dollar reagieren die Amerikaner verärgert und mit Drohungen. In Wien wurden die Warnungen und Vorhaltungen von Unterstaatssekretär Cohen mit dem Hinweis beantwortet, dass die US-Wirtschaftskammer bereits US-Unternehmen berät, wie sie am besten Geschäfte mit dem Iran aufnehmen können.