Warum ich an der großen Versammlung der Exiliraner in Paris teilnehme
Von Martin Patzelt *
FOCUS-Online - Mit einer deutschen Delegation, der auch die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der langjährige EU-Kommissar Günter Verheugen angehören, nahm der CDU-Bundestagabgeordnete Martin Patzelt an einer Kundgebung der Exiliraner in Paris teil. In einem Gastbeitrag erklärt er seine persönlichen Gründe dafür und erhebt schwere Vorwürfe gegen das iranische Regime.
Der Iran steht zurzeit nicht so sehr im medialen Interesse. In dem, was man hört, geht es fast ausschließlich um Erfolgsmeldungen in Sachen Wirtschaftsbeziehungen mit diesem Land. Oft wird dabei der Eindruck vermittelt, das Land befände sich seit der Wahl von Hassan Rohani zum Präsidenten vor drei Jahren und nach dem Atomdeal der P5+1 mit dem iranischen Regime vor einem Jahr im Aufbruch, ja gar im Wandel.
Die Millionen Exiliraner, die seit fast 40 Jahren vor dem iranischen Regime in alle Welt geflohen sind, sehen das - ebenso wie internationale engagierte und mit der iranischen Materie befasste Menschenrechts- und Frauenrechtsaktivisten - anders. Die bisher größte Versammlung von Exiliranern in Paris am 9. Juli hat eine klare Botschaft: In Sachen Menschenrechte, Frauenrechte, Unterdrückung der iranischen Gesellschaft und Verwicklung Teherans in den internationalen Terrorismus hat sich unter Präsident Rohani und auch nach dem Atomabkommen nichts geändert.
Das iranische Regime mordet und unterdrückt
Im Gegenteil, das iranische Regime mordet und unterdrückt in einem Maße wie seit Jahrzehnten nicht mehr, denn die Mullahs sehen sich immer größeren Krisen innen- wie außenpolitisch ausgesetzt und ihre einzige Antwort auf den Wunsch des Volkes nach Freiheit und Demokratie besteht in Unterdrückung. Ständig versuchen sie die Weltgemeinschaft durch Desinformationskampagnen zu manipulieren und durch Terrordrohungen unter Druck zu setzen.
Wie kann die Mullahdiktatur von ihrem allein auf Machterhalt und Menschenrechte verachtenden Weg abgebracht werden? Dabei sollten Menschenrechtsunterstützer die aus ihrer Heimat vertriebenen Exiliraner mit allen ihren Möglichkeiten und Kräften unterstützen. Denn dieses Regime wirft nicht nur den Iran in finsteres Mittelalter zurück, mit seinen, uns antik anmutenden, stur auf Vergeltung gestelltem Strafrecht und mit seiner rückständigen, autoritären Auffassung von Gesellschaft stabilisiert es auch den restriktivsten Islam.
Ein Volk, das im legitimen Widerstand gegen die Diktatur Jahrzehnte an menschlichen Opfern brachte, sollte seine Zukunft selbst bestimmen können. Wirtschaftssanktionen verlieren im Zeitalter der Globalisierung an Wirkungskraft. Die militärischen Interventionen von der Art des Irak-Krieges und des US-geführten Engagements in Afghanistan haben gezeigt, dass diese Art von „Erzwingung der Demokratie“ wenig Nutzen hat und die Regionen vielmehr noch mehr destabilisiert, radikalisiert und so neuen Raum für islamistische Terroristengruppen schafft, von ISIS bis hin zu den schiitischen Terrormilizen, die der Iran massiv unterstützt und die die Länder in die Barbarei stürzen.
Der Wille der Menschen
Die größte Bedeutung ist dem Willen und Wollen der Menschen im Lande selbst beizumessen: Menschen, die von einem demokratischen Wechsel überzeugt sind und engagiert daran arbeiten. Der Nationale Widerstandsrat Iran (NWRI) und ihm angehörende Oppositionsgruppen, auch die Volksmojahedin Iran (MEK), sind eine sehr gut organisierte Exil-Opposition, die auf moderne Zukunftsvisionen eines freien, demokratischen, gleichberechtigten und säkularen Iran setzt, einer islamischen Nation des Friedens und der Völkerverständigung.
Das Programm dieser Bewegung ist fortschrittlich und obwohl durchaus dem Islamverbunden an den allgemeinen Menschenrechten orientiert. Es zeigt eine mögliche und wirksame Kraft gegen einseitiges Diktat der iranischen Mullahs. Diese Bewegung findet und bestärkt sich in der Pariser Kundgebung.
Ich begleite diese Bewegung seit Jahren
Wer die Menschen dieser Bewegung kennt, wer sie wie ich seit Jahren begleitet hat, der sieht die großartige Chance, die die iranischen Dissidenten bieten. Im organisierten Widerstand sind viele Künstler und Schriftsteller, aber auch Sportler und Handwerker vertreten. Zum Widerstand halten sich Christen, andere Glaubensrichtungen und viele ethnische Gruppen. Sie alle arbeiten Hand in Hand, sehr ehrenvoll und friedlich für einen zukünftigen freien Iran.
Während am 9. Juli die Präsidentin des iranischen Widerstandes, Maryam Rajavi, ihre Rede hält, beginnt auch ein deutscher Menschenrechtsaktivist, auf einen Iran zu hoffen, in dem Menschen nicht mehr zu Tausenden hingerichtet, gefoltert und unterdrückt werden. Dann träumt er von einem Ende des Krieges in Syrien, wo die iranischen Truppen und Söldnerheere den syrischen Diktator Bashar Assad an der Macht kleben lassen und dazu Millionen Menschen töten, vertreiben und ermorden. Er träumt von einem Ende der atomaren Bedrohung aus Teheran und des islamistischen Fundamentalismus, dieser Geißel der Menschheit.
Friedliches Zusammenleben verschiedener Couleur ist ein erreichbares Ideal. Daran muss hart gearbeitet werden. Dabei ist der iranische Widerstand ein zuverlässiger Partner.
* Martin Patzelt (CDU) sitzt für den Wahlkreis Frankfurt (Oder) – Oder-Spree im Bundestag. Früher war er Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder). Er ist Mitglied im Menschenrechtsausschuss des Bundestags.