Iran :UN Sonderberichterstatterin

Iran :UN Sonderberichterstatterin

NWRI – Frau Asma Jahangir wurde vom Menschenrechtsrat der UNO in seiner 33. Sitzungsperiode  zur Sonderberichterstatterin für die Situation der Menschenrechte in der Islamischen Republik des Iran ernannt. Nachdem sie ihre Studie fertiggestellt hatte,  erklärte sie, sie bedauere, dass ihre Studie keine merkliche Veränderung in der Situation der Menschenrechte in dem Land deutlich werden lasse.

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Wie sie sagt, gibt die Situation in Gebieten wie der Unabhängigkeit der Justiz und der Anwälte, der Meinungsfreiheit und der Anwendung willkürlicher Internierungen weiterhin zu großer Besorgnis Anlass.
Menschenrechtsorganisationen, die die Hinrichtungen im Iran verfolgen, schätzen, dass im Jahr 2016 mindestens 530 Hinrichtungen stattgefunden haben. Die Mehrheit dieser Hinrichtungen gab es für „nicht gerade die schwersten“ Straftaten im Zusammenhang mit Drogen. Straftätern mit Drogendelikten werden oft die grundlegenden Rechte eines rechtsstaatlichen Prozesses und eines fairen Verfahrens verweigert. Sie werden für lange Zeit in Isolationszellen und in Untersuchungshaft gehalten, haben keinen ausreichenden Zugang zu einem Anwalt und/oder einer Möglichkeit der Verteidigung; es besteht Grund zur Annahme, dass Drogendelinquenten Schlägen und dem Zwang zu Geständnissen ausgesetzt werden, die später von den Revolutionsgerichten benutzt werden, um ihre Todesurteile abzusichern. Das vor kurzem geänderte Strafprozessrecht, das es erforderlich macht, dass alle Todesurteile, auch die für Drogendelikte, vom Obersten Gericht überprüft werden, hat anscheinend nicht zu einem bedeutenden Wandel in dieser Hinsicht geführt. 
Die Sonderberichterstatterin ist auch beunruhigt über die weiterhin angewandte Praktizierung öffentlicher Hinrichtungen. Es wird berichtet, dass manche Hinrichtungen auf öffentlichen Plätzen in der Gegenwart von Kindern vollstreckt werden. Dies wird jedoch von der Seite des Staates bestritten.
Die Islamische Republik hat, wie zu erfahren ist, im letzten Jahrzehnt die höchste Zahl an jugendlichen Straftätern hinrichten lassen. Obwohl diese Praxis im Völkerrecht mit einem absoluten Bann versehen worden ist, bleibt es dabei, dass im iranischen Strafgesetzbuch ausdrücklich an der Todesstrafe festgehalten wird für Jungen ab dem 15. Lebensjahr und für Mädchen ab dem 9. Lebensjahr bei den Verbrechensarten „gisas“ (Fälle mit gleichartiger Vergeltung) und „hudud“ (Tötungsdelikte, Ehebruch und Sodomie). Ergebnis der Änderungen von 2013 im Strafgesetzbuch ist es, dass Richter jetzt die geistige Verfassung jugendlicher Straftäter begutachten müssen, bevor sie ein Todesurteil aussprechen, um festzustellen, ob die Täter zum Zeitpunkt, wo sie das „hudud“ Verbrechen begangen haben,  die Folgen ihrer Handlungen verstanden haben.
Frau Asma Jahangir wertet die Annahme des Artikels 1197 der Strafprozessordnung positiv, der bei Vorermittlungen dem Beschuldigten ein Recht auf Aussageverweigerung einräumt, und ebenso die des Artikels 60, der die Ausübung von Zwang, eine obszöne oder herabwürdigende Ausdrucksweise und suggestive, irreführende und nicht zur Sache gehörige Fragen ausdrücklich untersagt. Sie vermerkt jedoch, dass Formen der Folter nicht im iranischen Recht definiert werden und dass das neue Gesetzbuch nicht die notwendigen Prozeduren zur Untersuchung von Foltervorwürden festgelegt hat. Sie hat Informationen über zahlreiche dokumentierte Fälle davon erhalten, dass Personen der Folter und Misshandlungen unterworfen wurden, um Geständnisse von ihnen herauszupressen. Auch die Praxis langer Perioden von Einzelhaft wurde dokumentiert und es gibt zahlreiche Berichte und Beispiele, wo Gefangenen Besuche von Angehörigen und/oder medizinische Versorgung versagt wurden.
In einem Bericht, der im Juli 2016 veröffentlicht worden ist, hat eine nicht-regierungsnahe Quelle 18 Fälle der Verweigerung von medizinischer Behandlung hervorgehoben und darauf hingewiesen, dass das Ziel dieser Praxis war, politische Gefangene und Gefangene aus Gewissensgründen einzuschüchtern und zu bestrafen.
Im Fall von Frau Akbari Monfared, die im Zusammenhang mit ihrer Mitgliedschaft in der verbotenen Oppositionsgruppe, die als Organisation der Volksmudschahedin des Iran (PMOI) bekannt ist, 15 Jahre im Gefängnis gesessen hat, fand die Verweigerung medizinischer Hilfe statt, nachdem sie einen Brief veröffentlicht hatte, in dem sie Gerechtigkeit für ihre Brüder und Schwestern verlangt hat, die 1988 mutmaßlich hingerichtet wurden. Die Regierung hat in den meisten dieser Fälle damit geantwortet, dass sie darauf hingewiesen hat, dass die Gefangenen in guter gesundheitlicher Verfassung seien und dass ihnen angemessene Einrichtungen für die Gesundheit und  medizinische Geräten zugute kämen.

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Im Juni ist Frau Nargess Mohammadi, eine prominente Aktivistin für Menschenrechte, 20 Tage lang in den Hungerstreik getreten, um Zugang zu ihren Kindern zu erhalten. Laut der Regierung wurde sie für Propaganda gegen das System zu einem Jahr Gefängnis, für Versammlung und Konspiration gegen die nationale Sicherheit zu fünf Jahren Haft und zu zehn Jahren für die Aufstellung einer nicht genehmigten und illegalen Gruppe und den Vorsitz darin verurteilt worden. Die Urteile galten alternativ, so dass sie zehn Jahre Haft verbüßen muss.
Im Dezember wurde, wie man berichtet hat, Frau Nazanin Ratcliffe, eine englisch-iranische Mitarbeiterin in einer Wohltätigkeitsorganisation, deren Internierung von der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für willkürliche Internierung als willkürlich eingestuft worden ist, unter Druck gesetzt, sich zu entscheiden, entweder ihre zweijährige Tochter ins Gefängnis zu bringen oder ein Schriftstück zu unterschreiben, in dem sie alle Rechte in Bezug auf ihr Kind abtritt. Seit dem Juni 2009 wurden mindestens 50 Anwälte dafür angeklagt, dass sie Gefangene aus Gewissensgründen, politische Häftlinge oder Gefangene für die „nationale Sicherheit“  vertreten haben. Am 20. Mai 2016 haben der Vorgänger der Sonderberichterstatterin und andere Experten der Vereinten Nationen eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der sie die Situation der Anwälte und Verteidiger der Menschenrechte als sehr bedenklich betrachten, die für ihre friedlichen Aktivitäten oder die einfache Ausübung beruflicher Pflichten Urteile zu erheblichen Strafen bekommen haben und diese erdulden müssen. Die Experten haben festgestellt, dass abgesehen von der Internierung der Anwälten für Menschenrechte diese von den Behörden ins Visier genommen und drangsaliert werden, so dass einige sich offensichtlich „gezwungen sahen,  ihre beruflichen Betätigungen einzuschränken oder ganz aufzugeben“.
Die Sonderberichterstatterin begrüßt die von Präsident Rohani im November abgegebene Erklärung, dass Nachrichtenmedien sich bei ihrer Arbeit sicher fühlen sollten und merkt an, dass ähnliche Erklärungen schon in der Vergangenheit abgegeben worden seien. Jedoch hat das iranische Parlament am 18. Mai 2016 ein Gesetz über politische Verbrechen verabschiedet, dass die Justiz ermächtigt, solche Verbrechen vor einer Jury in einem öffentlichen Verfahren zu behandeln. Einige Vorschriften in diesem Gesetz lauten dahin, dass etwa unter Artikel 1 Versuche, „die Politik des Landes zu reformieren“, offenbar unter Strafe gestellt werden und dass unter Artikel 2 die Regierung autorisiert wird, die „Veröffentlichung von Lügen“ und ebenso Beleidigung oder Rufschädigung von Vertretern der Regierung wie des Präsidenten oder seiner Stellvertreter, des Chefs der Justiz oder von Mitgliedern des Parlaments zu kriminalisieren. Mehr noch, die Regierung bereitet, wie gemeldet wird, die Vorlage zweier Gesetze vor dem Parlament vor, deren Verabschiedung die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit im Lande weiter beeinträchtigen. Das erste Gesetz soll dem Plan nach an die Stelle des derzeitigen restriktiven Pressegesetzes treten und das zweite könnte entsprechende Verwaltungsstellen einführen. Nach den Artikeln 609 und 698 des Islamischen Strafgesetzbuches kann die Kritik an Regierungsvertretern oder die Veröffentlichung falscher Nachrichten mit 74 Peitschenhieben bestraft werden. Die Regierung hat jedoch die Sonderberichterstatterin darauf  aufmerksam gemacht, dass „es im Iran undenkbar sei, dass pflichtbewusste Führer, große Persönlichkeiten und Denker beleidigt würden und dass viele Länder, darunter der Iran, solch ein verletzendes Verhalten unter Strafe stellen“.
Frau Asma Jahangir bedauert, dass keine Fortschritte gemacht worden sind in Richtung auf eine Ratifizierung der Konvention der Beseitigung der Diskriminierung von Frauen und der Beseitigung von gesetzlichen Vorschriften, die Frauen auf verschiedenen Gebieten diskriminieren. Es ist besonders beunruhigend, dass eklatante diskriminierende Vorschriften wie diejenigen, die im Strafgesetzbuch enthalten sind, die den Wert des Lebens einer Frau als halb so groß wie desjenigen eines Mannes einstufen, in dem Land in Kraft bleiben. Besorgniserregend ist auch die mögliche Verabschiedung weiterer diskriminierender gesetzlicher Regelungen gegen Frauen.
Die Kinderehe bleibt nach den Gesetzen für Mädchen ab dem Alter von 13 und Jungen ab dem Alter von 15 möglich. Mit der Erlaubnis eines Gerichtes können sogar noch jüngere Kinder verheiratet werden, aber die Ehe muss nicht vor der Pubertät vollzogen werden. Im Juni hat ein Sprecher der in Teheran ansässigen Assoziation für den Schutz von Kindern festgestellt, dass die Zahl von Kinderehen eine alarmierende Höhe erreicht habe, und betont, dass an annähernd 17 Prozent aller Ehen im Land Mädchen beteiligt sind, die mit alten Männern verheiratet sind. Dennoch sind erzwungene Ehen nach dem Gesetz untersagt.
Nach wie vor gelten diskriminierende Gesetze, die es gemäß der Gesetzgebung von 2015 erforderlich machen, dass Beamten für Sicherheit und Staatsgewalt aber auch von Bürgern durchsetzen, dass Frauen sich an den islamischen Bekleidungskode halten.  
Die Situation anerkannter und nicht anerkannter religiöser Minderheiten bleibt weiterhin Gegenstand erheblicher Besorgnis. Bahais werden  fortgesetzt systematisch diskriminiert, ins Visier genommen und des Rechts auf ein angemessenes Leben beraubt. Die Sonderberichterstatterin fordert die Behörden auf, anzuerkennen, dass die Freiheit der Religion oder des Glaubens die Freiheit, eine Religion oder einen Glauben zu wählen, beinhaltet und dass Maßnahmen, die die freie Wahl bürgerlicher, politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Vorrechte  beschränken oder besondere Begrenzungen für die Ausübung eines anderen Glaubens gegen das Verbot der Diskriminierung nach der Religion oder dem Glauben und  gegen die Garantie eines gleichen Schutzes nach Artikel 26 des Internationalen Abkommens über bürgerliche und politische Rechte verstoßen.