NCRI – Ban Ki-moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen hat im September 2016 der Vollversammlung seinen neuen Bericht über die „Lage der Menschenrechte in der Islamischen Republik des Iran“ vorgelegt; darin betont er die vom Regime begangenen Menschenrechtsverletzungen.
In dem Bericht „A/71/374“ heißt es:
Seitdem der Generalsekretär dem Menschenrechtsrat seinen letzten Bericht zu dem Thema (A/HRC/31/26) vorgelegt hat, halten die Menschenrechtsverletzungen in alarmierendem Maße an. Insbesondere hat sich eine beträchtliche Zahl von Hinrichtungen ereignet, darunter die von Personen, die in der Zeit des ihnen zur Last gelegten Verbrechens noch jugendlich waren; ferner wurden weiterhin Körperstrafen ausgeführt, darunter die Auspeitschung. Die auf besondere Prozeduren der Vereinten Nationen reagierende Behandlung von Journalisten und Menschenrechtsanwälten blieb ein Gegenstand der Besorgnis. Religiöse und ethnische Minderheiten sahen sich weiterhin der Verfolgung und Kriminalisierung ausgesetzt.
Am 19. Oktober 2015 brachte der Generalsekretär angesichts der alarmierenden Zahl von Hinrichtungen in der Islamischen Republik des Iran seine ernste Besorgnis zum Ausdruck. Er forderte erneut die Regierung zu einer Aussetzung der Todesstrafe und der Zusage ihrer Abschaffung auf. Diese Forderung wurde bei verschiedenen Anlässen wiederholt – vom Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für die Menschenrechte und den besonderen Prozeduren des Menschenrechtsrates. Der Generalsekretär bedauert, daß die Regierung weder Maßnahmen zur Abschaffung der Todesstrafe noch zu ihrer Aussetzung ergriffen hat.
Weiterhin ergingen Berichte von der Erhängung von Frauen und Ausländern. Zwischen Januar 2015 und Juni 2016 wurden nach einschlägigen Berichten mindestens 15 Frauen erhängt – die meisten wegen Drogendelikten oder Mordes; mindestens 20 Ausländer (hauptsächlich aus Afghanistan) wurden hingerichtet; mehr als 1200 Häftlinge verblieben auf der Todesliste (s. A/70/304).
Im Jahre 2015 wurden mehr als 50 Hinrichtungen öffentlich durchgeführt, in der ersten Hälfte des Jahres 2016 mindestens 10.
Wie folgt geht der Bericht auf die Hinrichtung Minderjähriger im Iran ein:
In dem Bericht, den der Besondere Berichterstatter zur Lage der Menschenrechte in der Islamischen Republik des Iran der 31. Sitzung des Menschenrechtsrates erstattete, ging er auf die Hinrichtung von mindestens 73 jugendlichen Delinquenten ein, geschehen zwischen 2005 und 2015 (A/HRC/31/69). Er teilte mit, im März 2016 hätten sich mindestens 160 jugendliche Delinquenten auf der Todesliste befunden.
Über die drakonische Folter, die das Regime gegen politische Gefangene einsetzt, sagt der UN-Generalsekretär:
Der Generalsekretär ist besorgt über die anhaltende Tendenz, Folter anzudrohen oder wirklich einzusetzen, um von den Häftlingen oder Personen, die die Polizei in Gewahrsam genommen hat, besonders wenn ihre Haft auf politischen Gründen beruhte, Geständnisse oder andere Arten von Selbstbezichtigung zu erpressen. Solche Geständnisse werden in den Prozessen oft als zureichende Beweismittel akzeptiert.
Auch der Zustand der Gefängnisse bleibt in der Islamischen Republik aufgrund von Überfüllung durch die hohen Zahlen der Verhaftungen ein Gegenstand der Besorgnis. ... Äußerst begrenzter Raum zum Leben, armselige Ernährung, zu wenige Toiletten und Waschräume sowie unzureichende Heizung – all das kennzeichnet viele Haftanstalten.
Der Bericht unterstreicht ferner, daß die politischen Gefangenen des Iran zu adäquater Gesundheitsfürsorge unzureichenden Zugang haben:
Menschen, die ihrer Freiheit beraubt wurden, besonders politische Gefangene, haben weiterhin nur unzureichenden Zugang zur Gesundheitsfürsorge. In vielen Fällen wird nachweislich medizinische Behandlung verweigert – eine Strafe, deren Schwere an Folter heranreicht. Am 27. April 2016 brachte eine Gruppe von Sonderberichterstattern ihre Besorgnis über die Lage von mehr als einem Dutzend politischen Gefangenen zum Ausdruck, die am Rande des Todes waren, weil sich ihre medizinische Lage verschlimmerte und die Behörden ihnen medizinische Behandlung verweigerten.
Auch die wiederholte Anwendung des Auspeitschens bleibt ein Grund ernster Besorgnis. Das Islamische Strafgesetzbuch, das 2013 in Kraft trat, sieht die Strafe des Auspeitschens bei Beleidigung des Propheten, Sodomie, Vergewaltigung, Ehebruch und Alkoholgenuß vor. Doch Berichte besagen, daß diese Strafe auch wegen ausbleibenden Fastens, Mangel an Respekt vor der islamischen Kleiderordnung, Teilnahme an Demonstrationen, Veranstaltung gemischter Parties und Händeschüttelns mit einer nicht verwandten Person des anderen Geschlechts verhängt wurde.
Der Ausschuß gegen Folter, der Ausschuß für die Menschenrechte und die für die besonderen Prozeduren Verantwortlichen haben sich zur Anwendung der Peitsch-Strafe wiederholt besorgt geäußert, besonders wenn Frauen betroffen waren; sie haben die Abschaffung dieser Strafe verlangt.
Der Bericht weist darauf hin, daß das iranische Regime weiterhin die Strafe der Steinigung verhängt:
Am 20. Januar 2016 brachte eine Gruppe von für die besonderen Prozeduren Verantwortlichen in einer gemeinsamen Erklärung ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, daß Fariba Khalegi, die im November 2013 wegen des Verdachts, sie habe ihren Mann ermordet, verhaftet worden war, unmittelbar von Steinigung bedroht sei.
Die Menschenrechtsprozeduren der Vereinten Nationen sind der Auffassung, daß die Steinigung eine Art von Folter und eine grausame, erniedrigende, unmenschliche Behandlung und Strafe darstellt. Der Menschenrechtsausschuß hat ferner darauf erkannt, daß Steinigung wegen Ehebruchs eine angesichts der Art dieses Verbrechens vollkommen unverhältnismäßige Strafe darstellt.
Mit bezug auf den Mangel an Meinungsfreiheit im Iran erklärt der Bericht:
Der Generalsekretär ist besonders besorgt über das anhaltende Maß von willkürlichen Verhaftungen und Verurteilungen von Journalisten und Benutzern der sozialen Netzwerke. Dem Ausschuß zum Schutz von Journalisten zufolge hat die Islamische Republik des Iran die drittgrößte Zahl von Journalisten in der ganzen Welt verhaftet.
Der Generalsekretär beklagt die zunehmende Zahl von verhafteten Benutzern der sozialen Netzwerke. Im Mai 2016 verhafteten die Behörden mindestens acht Benutzer von Instagram; die meisten von ihnen waren in der iranischen Bekleidungsindustrie führende Models. Sie wurden wegen „unislamischer Handlungen“ und „Förderung der westlichen Promiskuität“ verhaftet.
Ein iranisches Programm zur Überwachung von ‚cybercrimes’ (‚Internet-Verbrechen’) namens „Operation Spider 2“ (‚Spinne 2’), das der Unterdrückung von Benutzern der sozialen Netzwerke gilt, hat bisher einige Internet-Benutzer wegen Verbrechen wie „Beleidigung des Islam“, Veröffentlichung unsittlichen und verderbten Materials“ und „Ermutigung von Personen zu unsittlichen Handlungen“ festgenommen und mit Haft überzogen.
Die neueste Direktive, die der „Höchste Rat“ des Landes „für das Internet“ im Mai 2016 erließ, fordert die sozialen Netzwerke auf, Benutzerdaten zu speichern. Diese Direktive gestattet den Behörden Zugang zu den 20 Millionen iranischen Accounts, die mit der „Telegram Messenger Application“ verbunden sind. Damit wird die jetzt schon strenge Zensur, die das Regime auf den Internet-Verkehr ausübt, noch verschärft. „Telegram“ – mehr als 50% des wöchentlichen Internet-Verkehrs im Iran – ist Beschränkungen ausgesetzt: Mehr als 50 Kanäle, die die Öffentlichkeit mit Nachrichten versorgten, wurden blockiert, nachdem die Behörden über darin enthaltenes pornographisches Material geklagt hatten. Weiterhin behält sich die Justiz die Blockierung von Apps vor.
Facebook und Twitter waren längere Zeit für inländische Benutzer gesperrt; willkürlich sperren die Behörden Inhalte – unter dem Vorwand des Schutzes der Familie und der islamischen Kultur.
Doch Flüchtlinge sehen sich weiterhin der Nicht-Gleichbehandlung, der Diskriminierung und Mißhandlung ausgesetzt. Nur Flüchtlinge, die über eine von dem System „Amayesh“ herausgegebene Arbeitserlaubnis verfügen, dürfen arbeiten. Weiterhin werden Ehen zwischen Iranern und Ausländern ohne Dokumente eingeschränkt; Frauen können ihren Kindern und ihren Partnern, die keine Bürger des Landes sind, die Staatsbürgerschaft nicht übertragen lassen. Kinder können, auch wenn sie ehelich geboren worden sind, keine Geburtsurkunden oder Reisedokumente bekommen; sie sind automatisch vom Zugang zu staatlichen Dienstleistungen ausgeschlossen.
Die Mehrheit der Provinzen haben über die Flüchtlinge Einschränkungen verhängt. Im Juli 2016 warnten die Behörden in der Provinz Yazd die Bürger davor, an Personen, die nicht geborene Iraner sind, insbesondere afghanische Flüchtlinge, Häuser zu vermieten, und wies sie an, derartige Mieter binnen 15 Tagen zum Auszug zu zwingen.
Die mit Zwang durchgesetzte Deportation von Flüchtlingen bleibt ein Gegenstand der Besorgnis. Zwischen März 2014 und März 2015 wurden nachweislich 216 923 Personen, darunter
1 772 Kinder, aus der Islamischen Republik des Iran mit Zwang vertrieben. 55% dieser Kinder waren ohne Begleitung. In den meisten Fällen war die Deportation nicht angekündigt worden. Man wurde mit Zwang aus dem Lande vertrieben und mußte sein Vermögen zurücklassen. Deportierte Afghanen werden oft in überfüllten Unterkünften unhaltbaren Zuständen ausgesetzt. Es mangelt an Trinkwasser. Sie werden oft mißhandelt, körperlich missbraucht, ausgebeutet und drangsaliert.
Der Besondere Berichterstatter zur Lage der Menschenrechts-anwälte äußerte ernste Besorgnis über die fortdauernd angewandte Praxis willkürlicher Fetnahme, Haft und Kriminalisierung von Menschenrechtsanwälten – als Versuch, sie am Engagement für legitimen, friedlichen Einsatz für die Menschenrecht zu hindern. ... Für die Menschenrechte Engagierte und Anwälte werden routinemäßig mißhandelt. Dazu gehören Einzelhaft, erniedrigende Haftzustände, psychologische und physische Folter und Verweigerung dringend notwendiger ärztlicher Behandlung. Sie werden oft wegen fragwürdiger Anschuldigungen verurteilt und erhalten maßlose Haftstrafen – nach Prozessen, die den vom Völkerrecht definierten Bedingungen eines fairen Verfahrens nicht entsprechen.
Die Verurteilung von für die Menschenrechte Engagierten kennzeichnet das Schwinden des Handlungsspielraums für Anwälte der Menschenrechte und andere Fürsprecher einer zivilen Gesellschaft, die ihre elementaren Rechte friedlich ausüben. Der Generalsekretär fordert, daß solchen Personen ein Spielraum zugestanden wird, in dem sie ihre wichtige Arbeit frei und sicher tun können.
Des weiteren bezog sich der Generalsekretär der Vereinten Nationen auf die erschreckende Lage der Frauen unter dem Mullah-Regime des Iran:
Die Frauen sind ernsthaft betroffen von Verstößen gegen das Recht auf freie Bewegung und auf freie Meinung sowie das Recht auf Gesundheit und Arbeit. Auch die Praxis der Verheiratung im Kindesalter, der Tötungen um der Ehre willen und der Verstümmelung von Frauen an den Geschlechtsorganen stellt ein Feld ernster Verstöße gegen die Rechte der Frauen dar. Berichten zufolge sind 60% der Frauen in der Islamischen Republik des Iran häuslicher Gewalt ausgesetzt (s. A/HRC/31/69). Nach dem Global Gender Gap Report (Bericht zu der Kluft zwischen den Geschlechtern) von 2015 waren im Iran 21% der bis zu 19 Jahre alten Frauen verheiratet.
Das Bürgerliche Gesetzbuch des Iran gebietet den Frauen Gehorsam ihren Männern gegenüber und schreibt vor, daß sie ihrer Rechte verlustig gehen können, darunter auch des Rechts auf Unterhalt, wenn sie den sexuellen Bedürfnissen ihrer Gatten nicht entsprechen.
Spitzenfunktionäre der Regierung machen immer wieder Bemerkungen, die die traditionelle Rolle der Frauen bekräftigen. Bei verschiedenen Gelegenheiten kommentierte der Höchste Führer die Rolle der Frauen in der Gesellschaft; er betonte, die größte Verantwortung der Frauen liege darin, daß sie Kinder gebären. Ihre berufliche Beschäftigung sei nicht die primäre Sorge des Landes. Diese weit verbreitete Haltung spiegelt sich in der Tatsache wieder, daß nur etwa 17% der Frauen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind.
Ferner unterstreicht der Bericht die Gewohnheit des Regimes, Personen, die zu religiösen und ethnischen Minderheiten gehören, zu mißhandeln:
Die mit den besonderen Prozeduren verbundenen Mandatsträger und Körperschaften haben darauf hingewiesen, daß die Baha’i die am stärksten verfolgte religiöse Minderheit der Islamischen Republik des Iran darstellen; die Mitglieder dieser Minderheit werden vielfacher Diskriminierung unterworfen, die den Gebrauch ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte einschränkt.
In der Islamischen Republik des Iran kann die Zugehörigkeit zu einer Religion ein Grund sein, den Zugang zu den Hochschulen, auch nicht-staatlichen Bildungseinrichtungen, zu beschränken.
Auch andere Minderheiten werden weiterhin diskriminiert und verfolgt. Ethnische Minderheiten, darunter die Araber, Azeris, Belutschen und Kurden, werden vom Studium an Universitäten ausgeschlossen, ebenso von beruflicher Anstellung, von Geschäftslizenzen, Wirtschaftshilfe, der Möglichkeit zur Veröffentlichung von Büchern sowie zur Ausübung ihrer bürgerlichen und politischen Rechte. ... Auch diskriminiert die Regierung die Azeris dadurch, daß sie, abgesehen von Drangsalierung anderer Arten, den Gebrauch ihrer Sprache an Schulen verbietet.
Angesichts der besorgniserregenden Menschenrechtslage in dem Lande erklärt sich der Generalsekretär darüber enttäuscht, daß das gegenwärtige „United Nations Development Assistance Framework for the period 2017 – 2012“ (‚Rahmenwerk der Vereinten Nationen zur Entwicklungshilfe für die Zeit von 2017 bis 2012’) auf die Menschenrechte und die Gleichberechtigung der Geschlechter nicht Bezug nimmt.
Zu den von Ban ausgesprochenen Empfehlungen gehören die folgenden:
Der Generalsekretär ist weiterhin tief betrübt über die Berichte von Hinrichtungen, Auspeitschungen, willkürlichen Festnahmen und Haftstrafen, unfairen Prozessen, verweigertem Zugang zu medizinischer Behandlung und der Möglichkeit von Folter und Mißhandlung. Ebenso bleibt er besorgt über die andauernden Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten und der nachweislichen Verfolgung von Vertretern einer zivilen Gesellschaft, dem Anhalten der Diskriminierung von Frauen und Minoritäten sowie den Zuständen in den Haftanstalten.
Der Generalsekretär wiederholt seine an die Regierung gerichtete Forderung, den Vollzug der Todesstrafe auszusetzen, die Hinrichtung jugendlicher Delinquenten und solcher, die während ihrer Tat noch nicht 18 Jahre alt waren, zu verbieten.
Der Generalsekretär fordert die Regierung auf, Personen, die sich für bürgerlichen Rechte einzusetzen, Handlungsspielraum zu eröffnen, damit sie ihre berechtigte Arbeit in Frieden, Sicherheit und Freiheit leisten können, ohne Festnahme, Haft oder Verfolgung befürchten zu müssen.
Der Generalsekretär fordert die Regierung auf, im Einklang mit den internationalen Prinzipien aus der Gesetzgebung alle Vorkehrungen zu entfernen, die geeignet sind, die Frauen zu diskriminieren.
Der Generalsekretär fordert die Regierung auf, Maßnahmen zum Schutz aller Personen zu ergreifen, die religiösen und ethnischen Minderheiten angehören, und ihre Diskriminierung in welcher Form auch immer aufzuheben.