Britischer Parlamentsabgeordneter: Im Iran ist Glück immer noch ein Grund, bestraft zu werden
Von Mark Williams - Niemals vergeht viel Zeit, bevor ein lebhafter Hinweis auf die Menschenrechtslage des Mullah-Regimes im Iran seinem Vorgänger folgt – Hinweis auf die radikale, theokratische Ideologie, die die Verstöße gegen die Menschenrechte rechtfertigt; das schreibt Mark Williams, Mitglied des Parlaments im Vereinigten Königreich. In dem System der geistlichen Führung kann praktisch alles kriminalisiert werden, wenn es der Ansicht des Regimes darüber, was echt islamisch oder iranisch ist, zu widersprechen scheint.
„Routinemäßig tritt die Sittenpolizei den Leuten öffentlich entgegen oder verhaftet sie – wegen angeblicher Verstöße gegen die restriktiven religiösen Gesetze des Landes; davon sind Frauen besonders betroffen, wenn angenommen wird, daß sie die Kleiderordnung des Regimes nicht einhalten. Inzwischen ist die Mischung der Geschlechter in der Öffentlichkeit untersagt, ebenso wie ihre körperliche Berührung, es sei denn, sie seien verwandt oder verheiratet. Und jene, die gegen diese und andere soziale Restriktionen auch nur den Mund auftun, werden wegen vager Tatbestände wie ‚Verbreitung von Propaganda’ oder ‚Beleidigung der Heiligtümer’ ins Gefängnis geworfen. Wenn das Regime an einem Delinquenten ein besonders Exempel statuieren will, wirft man ihm – oder ihr – Verstöße wie ‚Feindschaft gegen Gott’ vor, worauf die Todesstrafe steht;“ so schreibt Herr Williams am Freitag in „The Hill“.
„Vor einigen Jahren wurde das westliche Publikum besonders durch die Nachricht schockiert, iranische Jugendliche seien wegen des ‚Verbrechens’, miteinander zu tanzen, und weil sie ein Video gepostet hatten, das zeigt, wie sie selbst – zu den Klängen des amerikanischen Popsongs ‚Happy’ – das Leben feierten, verhaftet worden. Es war nur ein Beispiel in der langen Reihe von Ereignissen, die auf die Repression im Iran aufmerksam machen. Dieser Vorfall gehörte zu den bedauerlicherweise nur wenigen, denen die westlichen Medien bedeutende Aufmerksamkeit zuwandten. Es hinterließ im europäischen und amerikanischen Publikum die richtige Vorstellung von der Islamischen Republik, aber auch mit einem möglicherweise unvollständigen Bild davon, wie ernst und verbreitet das Problem ist.“
„Großen Dank schulden wir der permissiven westlichen Politik – vor und nach dem im letzten Jahr abgeschlossenen Nuklearabkommen – in bezug auf die Zukunft der iranischen Menschenrechtsbilanz und anderer Dinge. Der Westen wurde durch die ‚Happy’-Verhaftungen des Jahres 2014 mit Recht schockiert. Es ist objektiv für jeden schockierend, der über irgendein Maß von Respekt vor der Meinungsfreiheit – oder dem Recht auf Freude – verfügt.“
„Allerdings fand jener Vorfall in der ersten Zeit der Präsidentschaft des angeblich moderaten Hassan Rouhani statt. Unter einigen ausländischen Beobachtern und Diplomaten bestand die Hoffnung, daß es sich hier um das letzte Aufbegehren der verheerenden Repression in der Islamischen Republik handelte.“
„Doch Rouhani rechtfertigte diese Verhaftungen ohne jede Einschränkung, obgleich er zu der Idee ermutigte, er sei mit der Justiz des Landes nicht einig. Tatsächlich wurde er etwa einen Monat vor der ‚Happy’-Geschichte von den staatlichen Medien des Iran dahin zitiert, die strengsten Strafen, die die Justiz austeile, seien gerechtfertigt, denn es handele sich um ‚Gebote Gottes’ und ‚Gesetze des Parlaments’.“
„Mitnichten“, so schreibt Herr Williams, „hinterlässt Rouhanis Rechtfertigung dieser Hinrichtungen irgendeinen Zweifel an der Art, wie er zu den Menschenrechten steht. Dieser Rechtfertigung entsprach die Art, wie er der schlimmsten Periode von Hinrichtungen der letzten 25 Jahre vorstand. Seit seinem Amtsantritt im Jahre 2013 wurden mehr als 2 400 Menschen hingerichtet. Diese Tatsache ist bis zu Ahmed Shaheed, dem Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zur Lage der Menschenrechte im Iran, vorgedrungen, so daß er nun davon überzeugt ist, daß seit dem Amtsantritt Rouhanis ‚sich die Lage überall verschlimmert hat’.“
Im dritten Jahr von Rouhanis Präsidentschaft ist es, so schreibt Herr Williams darnach, mehr als klar, daß die ‚Happy’-Verhaftungen keine Abirrung darstellten, geschweige denn den letzten Seufzer der Repression im Iran.
„Sie waren Teil eines Musters, das fortgesetzt und intensiviert wurde, während viele westliche Politiker von einer Tendenz zur Mäßigung sprachen. Ende Mai wurden westliche Beobachter durch einen Vorfall schockiert, der den ‚Happy’-Verhaftungen sehr nahe kam.“
„An dem jüngsten Vorfall waren annähernd 35 Jugendliche beteiligt; sie wurden verhaftet, weil sie an einer von beiden Geschlechtern besuchten Examensfeier teilnahmen. Innerhalb von 24 Stunden wurde jeder dieser Verhafteten festgehalten, vor Gericht gestellt, verurteilt und mit 99 Peitschenhieben bestraft. Die Botschaft ist klar: Drei Jahre nach dem Amtsantritt Rouhanis und zwei Jahre nach seiner Erklärung, man sollte die Iraner für den Ausdruck der Lebensfreude nicht zu streng bestrafen, ist es in der Islamischen Republik des Iran immer noch illegal, im Geiste der Freiheit zu handeln; es muß mit gewalttätigem Widerstand gerechnet werden.“
Wie oft müssen wir, so fragt der britische Parlamentarier, noch an diese Tatsache erinnert werden, bevor wir einsehen, daß weder Rouhani noch irgendein anderes Mitglied des geistlichen Regimes zu einer erheblichen Mäßigung die Menschenrechte betreffend beitragen werden?
Er fuhr fort: „Wie lange soll es noch dauern, bis wir auf die Dissidenten hören, z. B. den Nationalen Widerstandsrat des Iran unter der Führung von Maryam Rajavi, die erklären, daß die Grundfreiheiten dem iranischen Volk erst dann gewährt werden werden, wenn das theokratische Regime abgesetzt sein wird?“
„Die Weltgemeinschaft hat sich zu lange in Optimismus gewiegt. Oder besser: Sie hat ihn am falschen Ort gesucht. Sie sollte lieber auf die Botschaft hören, die am 9. Juli während der Versammlung ‚Freier Iran’ in Paris ertönen wird, wenn engagierte Mitarbeiter des iranischen Widerstands (manche schätzen 100 000 Anwesende) sich bemühen werden zu erklären, daß die Mißhandlungen, die das iranische Volk zu ertragen hat, im Begriff sind, die Islamische Republik zum Kippen zu bringen.“
„Wenn der Westen der Lage der Menschenrechte im Iran die nötige Aufmerksamkeit zuwendet und dem iranischen Volk die ihm gebührende Hilfe leistet, dann ist er imstande, dem Lande einen Schubs zu einer lichtvolleren Zukunft zu versetzen,“ so fügte Herr Williams hinzu.
Mark Williams ist Mitglied des House of Commons des Vereinigten Königreichs von den Liberalen Demokraten und Mitglied des Britischen Parlamentsausschusses für Freiheit im Iran (BPCIF).