Interview mit Paria Kohandel über das Schicksal ihres Vaters in einem iranischen Gefängnis
Der bekannte iranische Dissident Saleh Kohandel wurde am 4. März 2007 verhaftet und zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt – wegen Unterstützung der iranischen Hauptopposition „Organisation der Volksmojahedin des Iran“
Zuletzt hatte Paria ihren Vater im vorigen Jahr, einen Monat vor ihrer Flucht aus dem Iran, im Gohardasht-Gefängnis gesehen.
Herr Kohandel hat in dieser Woche aus dem Gefängnis einen offenen Brief an seine Familie geschrieben. Darin erklärte er, er werde wegen der Unterjochung, die er während und nach solchen Besuchen von der Hand des Mullah-Regimes erfahre, keine Familienbesuche mehr empfangen.
Es folgt der Text seines Briefes, der aus dem Gefängnis geschmuggelt wurde:
Familienbesuche – um welchen Preis?
In einer Zeit, in der das zerrüttete, im Niedergang begriffene Regime der Velayat-e faqih (der absoluten geistlichen Herrschaft) sich im finalen Stadium befindet und jeden Tag in den staatlichen Medien neue Berichte darüber erscheinen, wie hochrangige und normale Mitarbeiter des Regimes das Land bestehlen und ausplündern und einander in diesem Diebstahl, dieser Plünderung überbieten, haben sie mich – am Mittwoch, den 4. Mai – zu einem Besuch seitens meiner Familie gerufen. Es ist sechs Jahre her, daß ich mit meinen Verwandten bei ihren Besuchen direkt kommunizieren konnte. Bei diesem Besuch waren wir durch eine gläserne Wand voneinander getrennt. Viermal wurde ich auf dem Weg von unserer Abteilung zum Besuchersaal durchsucht. Um mich zu erniedrigen, unternahmen es die Wärter, mich vor den anderen Häftlingen zu entkleiden. Diese schmutzige Handlung geschah, obwohl die Wärter sehr genau wissen, daß ich in den bisher 10 Jahren meiner Haft gegen keine Gefängnisregel verstoßen habe – auch nicht jene, die reaktionär begründet sind. Mein einziges Verbrechen liegt in ihren Augen in meiner politischen Arbeit; aus diesem Grunde wurde ich bei vielen Gelegenheiten in die Abteilung verlegt, die dem Geheimdienst untersteht; dort wurde ich monatelang in Einzelhaft gehalten und gefoltert. Daher habe ich mich, um die Kränkungen, denen meine Verwandten und ich ausgesetzt wurden, jedenfalls zum Teil zu mildern, entschlossen, zu künftigen Besuchen nicht mehr zu erscheinen. Ich fordere alle meine Verwandten auf, mich von heute an nicht mehr zu besuchen. Ich bitte sie im Vorhinein um Verzeihung, aber ich kann die Kränkungen und die Erniedrigungen, denen ich ausgesetzt bin, nicht mehr ertragen.
Saleh Kohandel
Gohardasht-Gefängnis