Der iranische Blogger Soheil Arabi – hier ein Bild mit seiner Tochter – soll hingerichtet werden.

Iran: Für Facebook-Posts in die Todeszelle

Der iranische Blogger Soheil Arabi – hier ein Bild mit seiner Tochter – soll hingerichtet werden.Der iranische Fotograf Soheil Arabi ist Ende 2014 vom höchsten Gericht des Landes zum Tode verurteilt worden. Grund dafür sind Facebook-Posts Arabis, die den Propheten Mohammed beleidigen sollen, worauf im Iran die Todesstrafe steht. Ebenfalls über soziale Medien formiert sich nun Protest, der die Freilassung des Familienvaters fordert.

Von Matthias Lauer

Zwei Personen auf zwei mal zwei Meter: So sieht der Alltag im Evin-Gefängnis am nördlichen Stadtrand von Teheran aus. Das Gefängnis ist berühmt-berüchtigt für seine Folter-Methoden, seine speziellen Trakte für politische Häftlinge und die Todesfälle und Morde, die hier an der Tagesordnung stehen.

Momentan sitzt auch Soheil Arabi in einer dieser Zellen. Der 30-jährige Blogger wurde zusammen mit seiner Ehefrau in einer Nacht im November 2013 von Mitgliedern der iranischen Revolutionsgarden verhaftet und in das Gefängnis gebracht.Während seine Frau, Nastaran Naimi, nach einigen Stunden wieder gehen durfte, blieb Arabi über Monate in Isolationshaft im Trakt 2A des Evin-Gefängnisses, der den Revolutionsgarden untersteht und für die Unterbringung politischer Häftlinge dient. Laut seiner Frau gestand er dort unter Folter die gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen, den Propheten Mohammed und den Revolutionsführer Kahmenei in sozialen Netzwerken beleidigt zu haben. Anschließend wurde er dann in den geringfügig erträglicheren Trakt 350 des Gefängnisses verlegt.

Medienberichten zufolge soll Arabi insgesamt acht verschiedene Facebook-Seiten betrieben haben, in denen er sich kritisch zur religiösen wie politischen Führung im Iran geäußert und andere Einträge geteilt hat. Der gezielte Schlag gegen Arabi reiht sich dabei in eine regelrechte Jagd auf Blogger und Internet-Aktivisten ein, die insbesondere in den letzten zwei Jahren dramatisch zugenommen hat.

Nach einem Jahr im Evin-Gefängnis, währenddessen der Kontakt zu Arabis fünfjähriger Tochter auf 20 Minuten im Monat begrenzt wurde, und kaum Möglichkeiten mit einem Anwalt in irgendeiner Form zu kommunizieren, kam es zum Gerichtsverfahren. Im September 2014 wurde Arabi von einem Revolutionsgericht in Teheran im Anklagepunkt der Beleidigung des Propheten (Farsi: sabb al-nabi) für schuldig befunden. Darauf steht in der islamischen Republik nach §262 die Todesstrafe, die jedoch durch § 263 eingeschränkt und nicht vollzogen wird, wenn „ein Angeklagter [...] angibt, eine Aussage unter Zwang, fahrlässig oder in einem Rauschzustand gemacht zu haben". Auf diesen Paragraphen beriefen sich Arabi und sein Anwalt bei einem weiteren Gerichtsverfahren am 24.11.2014., er erhielt jedoch keine Möglichkeit sich umfangreich vor Gericht zu äußern. Vielmehr erweiterte das Oberste Gericht in seinem Urteil die Strafe um den Tatbestand des schwer übersetzbaren mofsed-e-filarz, was so viel wie Verbreitung von Unheil bedeutet. Entscheidend ist, dass diese Form des Urteils unanfechtbar und das Todesurteil für einige Facebook Posts somit auf dem eingeschränkten Weg im iranischen Rechtssystem nicht mehr angreifbar ist.

In sozialen Netzwerken wird nun Protest gegen die geplante Hinrichtung Arabis organisiert und in Kürze soll eine Petition an Vertreter des Iran sowie des europäischen Parlaments anlaufen. Auch, weil das Urteil gegen Arabi nicht das erste gegen Netzaktivisten in der letzten Zeit ist. Die Verfolgung von Journalisten und Bloggern hat seit der Amtseinführung von Hassan Rohani im August 2013 deutlich zugenommen und allein im Juli 2014 wurden acht Aktivisten zu Haftstrafen zwischen acht und 21 Jahren verurteilt.

Welche Formen die Internetzensur annimmt, wurde im Mai 2014 deutlich, als die Regierung sieben Personen verhaftete, da sie die dem weltweiten Trend, ein Video zum Song „Happy" von Pharrell Williams in ihrer Stadt zu drehen, folgten.

Die Aussichten für Soheil Arabi sind bei der Repression gegenüber Journalisten, Bloggern und Netzaktivisten also düster, doch eventuell trägt der wachsende Protest erste Früchte. Die Nachrichtenseite Kalameh berichtete, dass Arabis Fall eventuell noch einmal vor dem Gericht geprüft werden soll. Welche juristische Legitimation dabei nach dem eigentlich unwiederrufbaren mofsed-e-filarz-Urteil angeführt wird, bleibt momentan unklar. Sicher ist nur: Es lebt sich gefährlich als Blogger im Iran.