Weiterhin kein Grund für Optimismus für den Atomvertrag mit dem Iran | Wiener Atomgespräche Iran-EU

Die Parteien für den Atomvertrag mit dem Iran haben am Samstag ihre letzte Gesprächsrunde begonnen, die das Ziel hat, das Abkommen wieder zu beleben. In der vergangenen Woche hat der koordinierende Gesandte für die Europäische Union zum Abschluss der fünften Runde festgestellt, dass eine Resolution wahrscheinlich mit einer sechsten erreicht werden könne.

Steht das Iran-Abkommen vor dem Aus?

Ein Jahr nach Vertragsabschluss: Steht das Iran-Abkommen vor dem Aus?

Die Mullahs streben weiter nach der Atombombe. Deutschlands Koalitionsparteien streiten deshalb um den richtigen Umgang mit dem Regime.  VON JOHANNES C. BOCKENHEIMER UND CHRISTIAN BÖHME

(Ein Raketentransporter geschmückt mit dem Konterfei des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Chamenei bei einer Militärparade.FOTO: REUTERS)


Der Tagesspiegel: Um den Abschluss des Nuklearabkommens mit Iran zu würdigen, wählte Frank-Walter Steinmeier (SPD) im Juli 2015 große Worte: Es handele sich um nicht weniger als einen „historischen Erfolg der Diplomatie“, sagte der Außenminister damals. „Wir haben nun die Gewissheit, dass der Iran alle in Wien getroffenen Vereinbarungen eingehalten und in vollem Umfang umgesetzt hat.“


Heute, zwölf Monate später, ist die Gewissheit über die iranische Vertragstreue verflogen – was nicht zuletzt an Geheimdiensterkenntnissen aus Deutschland liegt. Die iranischen Beschaffungsaktivitäten für sein illegales Nuklearprogramm hielten sich weiterhin auf „hohem quantitativen Niveau“, warnte das Bundesamt für den Verfassungsschutz unlängst in seinem Jahresbericht. Die Behörde betonte zudem, dass Teheran auch weiterhin versuche, an Technik für den Bau von Raketen heranzukommen. Im Bereich des iranischen Trägertechnologieprogramms, das dem Einsatz von Kernwaffen dienen könne, sei eine „steigende Tendenz der ohnehin schon erheblichen Beschaffungsbemühungen“ zu konstatieren.


In der CDU mehren sich daher die Stimmen, die ein entschiedenes Vorgehen einfordern. „Europa befindet sich in Reichweite der Raketen und hat deshalb ein vitales sicherheitspolitisches Interesse an einer voranschreitenden Verständigung mit dem Iran in Rüstungsfragen“, sagte etwa CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter dem Tagesspiegel. Deutschland und die EU müssten im Rahmen der Implementierungsphase des Abkommens auf die strikte Einhaltung der Vorgaben drängen und im Falle „kontraproduktiver Aktivitäten“ neue Sanktionen glaubhaft androhen.


Die SPD will keine Debatte über neue Sanktionen
Ähnlich äußerte sich auch der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jürgen Hardt. Vertrauen in die Ehrbarkeit der iranischen Motive entstehe nicht allein durch die Unterschrift unter dem Atomvertrag, sagte er. „Sollten die Ermittlungen des Verfassungsschutzes tatsächlich strafbare Handlungen ergeben, die auf den iranischen Staat zurückzuführen sind, kann dies nicht ohne Konsequenzen bleiben, bis hin zu einer Wiedereinsetzung von Sanktionen“, sagte Hardt.


Anders sieht man die Dinge beim Koalitionspartner SPD. „Der Iran ist und bleibt ein entscheidender Akteur im Mittleren Osten – auch wenn das Land kein einfacher Partner ist“, sagte der außenpolitische Sprecher, Nils Annen. „Um das gegenseitige Misstrauen, das sich über Jahrzehnte entwickelt hat, zu überwinden, benötigen wir viel Zeit. Daran sollten wir arbeiten und jetzt nicht über mögliche neue Sanktionen spekulieren.“


In der Union wird die beschwichtigende Haltung der Sozialdemokraten skeptisch gesehen. „Als Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen Tag nach Vertragsabschluss nach Teheran gereist ist und dort kein Wort über die Menschenrechtsverletzungen im Land verloren hat, hat mich das geschmerzt“, sagte Martin Patzelt, Mitglied im Bundestagsausschuss für Menschenrechte. „Trotz aller wirtschaftlichen Interessen dürfen wir nicht vergessen, dass es auch darum geht, unsere Werte zu verteidigen – denn auch sie sind Grundlage für unseren Wohlstand.“ Im Umgang mit dem Regime rät der CDU-Politiker daher zur Vorsicht. „Das Säbelrasseln der Iraner zeigt doch, dass wir ihnen die Zugeständnisse lediglich abgerungen haben. Wir müssen daher bei jedem Hinweis auf Vertragsbruch alarmiert sein – denn das iranische Regime hat sich mit seiner Vertragsunterschrift sicherlich nicht geläutert oder gewandelt.“


Doch nicht nur in Deutschland, auch im Iran selbst wird das Abkommen mittlerweile offen infrage gestellt. Erst vor wenigen Tagen drohte Parlamentspräsident Ali Laridschani mit einem Ausstieg aus dem Atomabkommen. Leider gebe es nach wie vor Hindernisse bei der Umsetzung der Vereinbarung. Man sei an einem Punkt angelangt, „wo auch wir etwas unternehmen müssen“. Er machte keinen Hehl daraus, was damit gemeint sein könnte. Laridschani sprach sich unverblümt dafür aus, einen Plan für eine neue Anlage zur Urananreicherung auszuarbeiten. Ähnlich scharf äußerte sich der Vizepräsident des Landes. Ali Akbar Salehi warf den USA vor, die Übereinkunft nicht einzuhalten. Er betonte, der Iran könne binnen weniger Monate sein Atomprogramm wieder auf das Niveau vor Abschluss des Abkommens hochfahren – und darüber hinaus. Der mächtigste Mann der „Islamischen Republik“ sparte ebenfalls nicht mit Kritik. Insbesondere von Amerika gebe es nur leere Versprechungen und Feindseligkeiten, sagte Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Bei so viel lautstarkem Protest konnten sich Befürworter der vor einem Jahr erzielten Einigung wie Außenminister Dschawad Sarif kaum Gehör verschaffen.


Vor allem die jungen Leute im Land sind frustriert
Dass im Iran der Widerstand gegen das Nuklearabkommen wächst, kommt nicht von ungefähr. Denn der Frust gerade in der jungen Bevölkerung ist immens, weil sich viele Hoffnungen bisher nicht erfüllt haben. Vor allem die Wirtschaft ist nach der Aufhebung großer Teile der Sanktionen immer noch nicht in Schwung gekommen. Nicht zuletzt, weil europäische Banken weiter zögern, in große und damit lukrative Projekte zu investieren. Da einige US-Strafmaßnahmen weiter in Kraft sind – zum Beispiel gegen die mächtigen Revolutionsgarden –, fürchten die Geldinstitute vor allem Strafmaßnahmen in Amerika, sollten sie gegen diese Auflagen verstoßen.

Atomabkommen mit Iran „reicht nicht hin”

Früherer General der US Marine James Mattis: Das Atomabkommen mit dem Iran „reicht nicht hin”

Der in Pension befindliche General des US Marinekorps James Mattis hat am Freitag die Obama Administration angehalten, das Abkommen über die Entwicklung von Atomwaffen des Weißen Hauses mit dem iranischen Regime zu überarbeiten.

General Mattis, ein früherer zentraler Kommandochef, der für seinen unverblümten und offenen Kommandostil bekannt ist, hat den gleichen Ton angeschlagen bei der Äußerung seiner heftigen Kritik am Iran in einer Ansprache vor der in Washington DC ansässigen Denkfabrik für Strategische und Internationale Studien am Freitag. Darüber hat die Washington Post berichtet.


Er charakterisierte das Abkommen, das zwischen Washington und Teheran abgeschlossen wurde, als eine „unvollkommene“ Abmachung, die die Bemühungen Teherans, eine Atomwaffe zu bekommen, nicht beseitigt, sondern nur verzögert.
„Das [war} kein Freundschaftsvertrag“, erklärte der Viersterne General: „Es ist eine Vereinbarung der Rüstungskontrolle, die nicht hinreicht“.


Präsident Obama hat das Abkommen mit dem iranischen Regime und den anderen führenden Politikern der Welt  im letzten Juli unterzeichnet. Teheran hat sich darin einverstanden erklärt, seine Bemühungen um den Bau der Atomwaffe einzufrieren im Gegenzug zu dem Zurückfahren von lähmenden Sanktionen, die von den USA und ihren Verbündeten verhängt worden waren.


„Der Iran wird uns hintergehen, ... das ist der Sinn, den man entnimmt, wenn man liest“,  wie die Abmachungen im Atomabkommen lauten, erläuterte Gen. Mattis und setzte hinzu, das iranische Regime ist „kein Nationalstaat, sondern ein Revolutionsregime mit der Absicht, Chaos zu bewirken“.


Gen. Mattis schlägt vor, dass der Kongress ein Aufsichtskomitee bildet, das aus ausgewählten Mitgliedern der Nachrichtendienste, des Außenamtes und des Militärs zusammengesetzt ist,  um sicherzustellen, dass das Regime der Mullahs sich weiterhin an das Abkommen hält. Er schlägt ferner vor, dass Washington seine Verbindungen zu regionalen Organisationen für Nachrichtendienste vertieft, so denen in Jordanien, Ägypten und Saudi Arabien, um zu gewährleisten, dass amerikanische Amtsträger voll über die Aktivitäten Teherans im Bereich der Atomtechnik informiert sind.

IAEA lässt Atomanlage Parchin von Iranern prüfen

Die Internationale Atomenergiebehörde will laut eines Dokuments eine iranische Anlage von einheimischen Experten prüfen lassen. US-Republikaner sind empört.

Abb 1Die militärische Sprengstofffabrik in Parchin umfasst etwa 40 km² in einer wüsten und gebirgigen Umgebung mit hunderten von Gebäuden. Bild: Google Earth, GeoEye.

 

Zeit Online - Dem Iran wird von der Internationalen Atomenergiebehörde erlaubt, eine zentrale Atomanlage von eigenen Experten überprüfen zu lassen. Das geht aus einer geheimen Vereinbarung zwischen IAEA und Teheran hervor, in die die Nachrichtenagentur AP Einblick nehmen konnte. Es geht dabei um die streng abgeschirmte Atomanlage Parchin, die im Zentrum des internationalen Verdachts steht, der Iran arbeite an eigenen Atomwaffen.

Die US-Regierung wies schnell darauf hin, dass es sich um eine technische Routineabsprache zwischen IAEA und dem Iran handele. Diese habe nichts mit dem Mitte Juli erreichten historischen Atomdeal zu tun. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Ned Price, sagte, die Obama-Regierung sei zuversichtlich, dass die Pläne der IAEA Erfolg haben werden.

Das von der AP eingesehene Dokument ist mit "Separate Vereinbarung II" überschrieben, was nahelegt, dass es eine weitere geben könnte. In dem Schreiben wird festgelegt, dass UN-Inspektoren nicht selbst zum Beispiel Proben nehmen, sondern dies iranischen Experten überlassen. Die UN-Inspektoren würden demnach nur als Beobachter teilnehmen – normalerweise übernehmen sie solche Überprüfungen selbst. Der Iran soll demnach den UN-Inspektoren Fotos und Videos der Anlagen liefern, darin sollen aber "militärische Erwägungen in Betracht gezogen werden", heißt es.

Das könnte bedeuten, dass UN-Inspektoren nicht nur Parchin nicht selbst betreten dürfen, sondern auch nur Fotos und Videos zu sehen bekommen, die der Iran nicht für militärisch bedeutend hält. Von der IAEA gab es zunächst keine Äußerung zu dem Dokument, wie ihr Sprecher Serge Gas mitteilte. Auch iranische Diplomaten sagten zunächst nichts zu der Vereinbarung.

Republikaner halten Iran-Inspektion für naiv

Die Enthüllung versetzte abermals die Republikaner in Rage, die sich ohnehin vehement gegen das geschlossene Atomabkommen aussprechen. Republikanische Kritiker beschweren sich darüber, dass sich der Deal mit den Iranern ihrer Ansicht nach unklugerweise auf Vertrauen stützt. Die Regierung von Präsident Barack Obama hält dem entgegen, dass dem Abkommen glaubwürdige Inspektionen zugrunde liegen.

"Präsident Obama prahlt damit, sein Abkommen beinhalte 'beispiellose Überprüfungen'", sagte der republikanische Vorsitzende im Repräsentantenhaus, John Boehner. "Er behauptet, es baue nicht auf Vertrauen auf. Aber die Informationen der Regierung sind unzureichend – und es ist nach wie vor unklar, ob irgendjemand im Weißen Haus die finalen Dokumente gesehen hat."

Außenausschussmitglied Ed Royce sagte: "Internationale Inspektionen sollten von internationalen Inspektoren gemacht werden. Punkt." Der texanische Senator John Cornyn sagte, dem Iran bei den Inspektionen zu vertrauen, sei "außerordentlich naiv".

Der US-Senat will im September über das Abkommen abstimmen. Dass er den Atomdeal ablehnt, gilt als wahrscheinlich. Sollte es zu einer ablehnenden Resolution kommen, wird Obama sein Veto dagegen einlegen. Um das wiederum zu überstimmen, benötigen die Kritiker des Abkommens eine Zweidrittelmehrheit.

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Irans religiöser Führer stellt Atomabkommen infrage

khamenei 1Khamenei spricht von "teuflischen US-Intentionen" / Die Wahrheit über die Nuklearvereinbarung mit dem Iran: zwei differente Auslegungen des Abkommens
Nach jahrelangem zähem Ringen zwischen den Machthabern in Teheran und den Vetomächten und Deutschland (5+1) scheinen Eckpunkte in den Atomverhandlungen, bzw. ein Rahmenabkommen erzielt worden zu sein, das Teheran die Nutzung der Kernenergie erlauben soll, ohne dass das Land damit Atomwaffen entwickeln kann. Bis Ende Juni soll ein finales Abkommen stehen. Hält sich Iran an die Vorgaben, sollen die internationalen Sanktionen aufgehoben werden. In Iran war die Vereinbarung dazu als zu vage kritisiert worden. Während der Westen die Strafmaßnahmen nur schrittweise aussetzen will, fordert Teheran die sofortige Aufhebung aller Sanktionen, die in dem Land eine schwere Wirtschaftskrise ausgelöst haben.

Nach einer Woche des Schweigens hat sich nun Irans religiöser Führer Ali Khamenei dahin gehend öffentlich geäußert, dies sei noch keine bindende Vereinbarung - er sei nicht vollends überzeugt. Der Jubel über den vermeintlichen Durchbruch war offensichtlich verfrüht.

Der oberste Führer des Iran, Ali Khamenei, betont, dass der "Atomdeal" noch keine Einigung bedeute. "Das, was bisher erzielt wurde, garantiert weder eine Einigung als solche, nicht einmal, dass die Verhandlung zu einer Lösung führen werden", sagte er. In altvertrauter antiamerikanischer Rhetorik warnte Khamenei vor den «teuflischen Absichten» der Vereinigten Staaten. Dagegen sei das iranische Atomprogramm eine nationale Notwendigkeit und Errungenschaft.

  • • Die Sanktionen müssten mit einem möglichen Abkommen sofort aufgehoben würden, fordert Ajatollah Khamenei. Die USA wollen die Strafen aber nur schrittweise zurücknehmen.
  • • Khamenei stellt außerdem die Bedingung, dass militärische Anlagen überhaupt nicht überprüft werden dürften. Viele Nuklearanlagen sind mitten in Militärgeländen. Also keine Kontrollen.
  • • Irans Unterhändler sprechen von möglicher Verlängerung der Frist von Ende Juni 2015 für Beendigung von Verhandlungen.

Der Iran will einem endgültigen Abkommen im Atomstreit nur zustimmen, wenn "am selben Tag" alle Sanktionen aufgehoben werden. Der Iran werde nur unterzeichnen, wenn "am ersten Tag der Umsetzung des Abkommens alle Wirtschaftssanktionen vollständig aufgehoben werden", sagte Präsident Hassan Ruhani in einer Rede, die im iranischen Fernsehen übertragen wurde.

Exilopposition: Deal kann Atombombe nicht stoppen
Die iranische Exilopposition hielt die Grundsatzvereinbarung über das iranische Atomprogramm für unzureichend, um Teheran vom Bau einer Atombombe abzubringen. „Eine Erklärung von Allgemeinheiten ohne Unterschrift und offizielle Billigung von Ayatollah Ali Khamenei wird niemals den Weg des Regimes zur Erlangung von Nuklearwaffen blockieren", sagte Oppositionsführerin Maryam Rajavi. 

Die Präsidentin des „Nationalen Widerstandsrates Iran" (NWRI) betonte, die weiteren Verhandlungen mit dem iranischen Regime würden die Welt nicht sicherer vor der Bedrohung durch Atomwaffen-Verbreitung machen. „Das Regime zu zwingen, sich an die Resolutionen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zu halten, ist schlicht der einzige Weg, um die Mullahs vom Erwerb von Atomwaffen abzuhalten."

Es ist interessant zu sehen, wie das iranische Regime über die unlängst in Lausanne erreichte „politische Verständigung" berichtet. Die grundsätzliche Sorge bleibt auch angesichts der Substanz dieser „Einigung": die Sorge um Mißachtung der Resolutionen der Vereinten Nationen, die Sorge, dass die nukleare Infrastruktur nicht angetastet wird, Sorge, die das vollständige Schweigen zu der militärischen Dimension (PMD) des vom Regime betriebenen Nuklearprogramms hervorruft sowie Tatsache, dass nicht angekündigte Inspektionen an keiner Stelle vorkommen etc. Es wird ignoriert, dass das Regime verzweifelt an der Aufhebung der Sanktionen gelegen ist. Es befürchtet mehr als zu irgendeiner früheren Zeit einen Volksaufstand und ist daher verletzlicher. Es kann und muss noch weit mehr erreicht werden. Es wäre falsch und irreführend anzunehmen, dies sei das beste überhaupt mögliche Ergebnis.

Die folgende Aufstellung möchte Sie über einige der Differenzen ins Bild setzen, die zwischen den Verlautbarungen des Department of State und denen des iranischen Außenministeriums zu erkennen sind. Offensichtlich handelt es sich um zwei vollkommen verschiedene Auffassungen. Das iranische Regime redet nicht von einer Vereinbarung bzw. einem „Gemeinsamen Aktionsplan", sondern nur von einer allgemeinen Verständigung. Es ist der Meinung, selbst die gemeinsam von EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini und Irans Außenminister Javad Zarif verlesene Presseerklärung sei nicht bindend und enthalte keine rechtlichen Bestimmungen. Mit einem Wort: Es scheint sich um zwei verschiedene Deutungen des Gehalts der Verständigung zu handeln.

Die Wahrheit über die Nuklearvereinbarung mit dem Iran
Nach der Bekanntgabe der politischen Verständigung, die am 2. April in Lausanne (Schweiz) erzielt worden war, brachten die staatlichen Nachrichtenorgane des Iran Presseerklärungen des iranischen Außenministeriums, in denen es hieß, die gemeinsame Erklärung von Mohammad-Javad Zarif und Frau Federica Mogherini von der EU sei „weder bindend noch enthalte sie rechtliche Bestimmungen".
Die Presseerklärung des State Department der USA trägt den Titel: „Maßgaben für einen umfassenden gemeinsamen Aktionsplan mit der Islamischen Republik zum iranischen Nuklearprogramm"; sie unterscheidet sich krass von der Erklärung des iranischen Regimes mit dem Titel „Zusammenfassung einer Reihe von Übereinstimmungen, die sich auf die Erstellung eines umfassenden gemeinsamen Aktionsplans beziehen".

Das State Departments betont, seine Erklärung enthalte „die entscheidenden Maßgaben für einen gemeinsamen umfassenden Aktionsplan (JCPOA) betreffend das Nuklearprogramm der Islamischen Republik des Iran – beschlossen in Lausanne (Schweiz). Diese Elemente bilden die Grundlage, auf der der endgültige Text des JCPOA bis zum 30. Juni erstellt werden soll; sie zeigen den bedeutenden Fortschritt, der bei den Diskussionen zwischen den 5+1-Mächten, der Europäischen Union und dem Iran erzielt wurde. Es bleibt über wichtige Einzelheiten der Umsetzung zu verhandeln; es gibt keine Einigung, wenn sie nicht alle fraglichen Punkte einschließt. Wir werden in den kommenden Monaten auf der Grundlage dieser Maßgaben an der Fertigstellung des JCPOA arbeiten."

Die Version des iranischen Regimes weicht nicht nur in substantiellen Fragen ab; es redet darüber hinaus nur von einer allgemeinen „Verständigung" ohne „rechtliche Verbindlichkeit".
Man muss folgende Frage stellen: Ist der Text, den das State Department herausgab, der offizielle Text der Vereinbarung? Hat das iranische Regime die darin enthaltenen Bestimmungen offiziell akzeptiert? Hat es sich darauf verpflichtet? Wenn es sich so verhält, wie sind dann die gegenteiligen Elemente, die die offizielle Presseerklärung des Regimes enthält, zu erklären?

Im Folgenden werden die besonders offenkundigen Widersprüche zwischen der iranischen und der amerikanischen Version aufgeführt:

Juristische Aspekte
1. Der Text des Außenministeriums des Regimes erklärt: „Das Dokument umreißt diese Lösungen, besitzt aber keine rechtliche Verbindlichkeit; es enthält lediglich Richtlinien zur Vorbereitung und Abfassung des umfassenden gemeinsamen Aktionsplans."

Auf diese Weise wird die Vereinbarung degradiert; sie wird als nicht-verbindliche Übereinkunft ohne jede rechtliche Relevanz charakterisiert. Die Erklärung des State Department stellt hingegen nicht ausdrücklich fest, dass „dieser Text keine rechtliche Relevanz hat".

Zerstörung, Beendigung oder Aufschub nuklearer Tätigkeiten
2. In der Presseerklärung des Regimes heißt es: „Im Rahmen der verfügbaren Lösungen werden keine nuklearen Anlagen und Tätigkeiten beendet, geschlossen bzw. aufgeschoben; die nuklearen Tätigkeiten des Iran werden in allen Anlagen einschließlich Natanz, Fordow, Isfahan und Arak fortgesetzt werden."
In der Version des State Department ist von solch einer Einigung keine Rede. Es heißt dort im Gegenteil: „Der Iran hat sich bereit erklärt, seine Zentrifugen um annähernd zwei Drittel zu reduzieren."
Die Bezugnahme auf eine Reduktion der Zentrifugen um „zwei Drittel" ist ziemlich irreführend, denn es waren im Iran nur 9 000 Zentrifugen in Betrieb; die weiteren 10 000 Zentrifugen, von denen gesprochen wurde, waren bereits vor den Verhandlungen in Genf und vor der Vereinbarung nicht in Betrieb. Am Anfang glaubte man, das Regime verfüge über gar keine arbeitenden Zentrifugen. Später jedoch räumten Verhandlungsteilnehmer des Westens ein, Teheran könne einige hundert, danach 1 500, heute sogar 6 000 Zentrifugen besitzen. Diese tatsächliche Lage erscheint mit den Angaben der Erklärung des State Department nicht verträglich.

Neue Anreicherungsanlagen
3. Im englischen Text heißt es: „Der Iran hat sich bereit erklärt, fünfzehn Jahre lang auf den Bau neuer Anlagen zur Anreicherung von Uran zu verzichten."
In der iranischen Version wird davon nichts erwähnt.

Die Anlage in Fordow
4. Der Text des State Department stellt ausdrücklich fest: „Der Iran hat sich bereit erklärt, in Fordow 15 Jahre lang auf die Forschung und Entwicklung von Urananreicherung zu verzichten." Diese Feststellungen würden bedeuten, dass die Anlage in Fordow den Charakter einer Nuklearanlage verliert.
Der Text des iranischen Außenministeriums jedoch stellt dazu das Folgende fest: „Die Nuklearanlage in Fordow wird sich in ein fortschrittliches Zentrum der Nuklear-Physik verwandeln." Danach heißt es: „Die Hälfte der in Fordow vorhandenen Anlagen werden der fortgeschrittenen Nuklearforschung und der Herstellung von stabilen Isotopen dienen – mit der Hilfe einiger der 5+1-Mächte, in deren Industrie, Landwirtschaft und Medizin stabilen Isotopen eine beträchtliche Anwendung finden."

Anreicherung
5. In der Erklärung des State Department heißt es: „Der Iran wird zehn Jahre lang nur in der Anlage von Natanz Uran anreichern – mit nur 5 060 Zentrifugen von der ersten Generation des Typs IR-1."
Doch im iranischen Text ist von dem Gebrauch lediglich der älteren Zentrifugen (der ersten Generation) keine Rede. Dafür enthält er Feststellungen, von denen im Text des State Department keine Rede ist, z. B.: „Zusätzliche Maschinen (über die vereinbarte Anzahl von 5 000 hinaus) sowie die zugehörige Infrastruktur werden unter der Aufsicht der IAEA verwahrt werden – als möglicher Ersatz solcher Maschinen, die in dieser Zeit beschädigt werden. Der Iran wird ferner in der Lage sein, seinen gegenwärtigen Vorrat an angereichertem Material zur gegenwärtigen Nuklearproduktion bzw. zum Export auf den internationalen Märkten, zum Zweck des Erwerbs von Uran, zu sammeln."

Fortgeschrittene Zentrifugen
6. In der Erklärung des State Department heißt es: „Mindestens zehn Jahre lang wird der Iran auf den Einsatz der Modelle IR-2, IR-4, IR-5, IR-6 und IR-8 zur Anreicherung von Uran verzichten. Der Iran wird sich auf eine Begrenzung seiner Forschung und Entwicklung mit den fortgeschrittenen Zentrifugen verpflichten, und dies gemäß den Maßgaben, denen die 5+1-Mächte zugestimmt haben."
Demgegenüber heißt es im iranischen Text: „Der Iran wird seine Forschung und Entwicklung mit fortgeschrittenen Maschinen (Zentrifugen) fortsetzen; während des zehn Jahre geltenden umfassenden gemeinsamen Handlungsplans werden die ersten Stadien und die weitere Entwicklung der IR-4-, IR-5- und IR-6-Zentrifugen fortgesetzt werden."

Der Reaktor in Arak
7. In der Erklärung des State Department heißt es: „Der Iran hat sich bereit erklärt, den Schwerwasser-Forschungsreaktor in Arak neu zu entwerfen und umzubauen – auf der Grundlage eines Plans, dem die 5+1-Mächte zugestimmt haben; er wird kein Plutonium, wie es Bomben benötigen, produzieren, sondern Forschung zur friedlichen Nutzung der Atomenergie und die Herstellung von Radioisotopen unterstützen."
In der Erklärung des Regimes heißt es hingegen: „Der Schwerwasser-Reaktor in Arak wird intakt bleiben; er wird einen Umbau zu upgrade und update erfahren. Diese Arbeit wird nach dem Zeitplan eines vom Iran geleiteten internationalen Projekts durchgeführt werden. Sofort nach Erstellung des Umbauplans wird die Arbeit begonnen und nach einem vorher erstellten Zeitplan abgeschlossen werden."

IAEA und PMD
8. In dem Dokument des State Department heißt es: „Der Iran wird nach einem von allen Seiten gebilligten Plan von Maßnahmen auf die Besorgnis der IAEA bezüglich einer „möglichen militärischen Dimension (PMD)" seines Programms eingehen.
In dem iranischen Text fehlt jedweder Bezug auf diese Angelegenheit; insbesondere fehlt die Erwähnung einer PMD seines Programms.

Das Zusatzprotokoll
9. Mit Bezug auf das Zusatzprotokoll erklärt der Text des State Department: „Der Iran hat sich bereit erklärt, das Zusatzprotokoll der IAEA zu erfüllen, der IAEA mehr Zugang und Information zum iranischen Nuklearprogramm zu gewähren, wovon sowohl die deklarierten als auch die nicht-deklarierten Anlagen betroffen sein sollen."
Die Erklärung des Regimes erklärt: Der Iran werde „freilich" und „zeitweise" das Zusatzprotokoll erfüllen. „Der Prozess der Ratifizierung dieses Protokolls wird auf der Grundlage eines Zeitplans fortgesetzt werden, für den die Autorität des Präsidenten sowie die des Parlaments zuständig ist." Demnach wird der gesamte Prozeß der Ratifizierung auf die Billigung des Parlaments angewiesen sein.

Sanktionen
10. Der Text des State Department erklärt: „Dem Iran wird eine Lockerung der Sanktionen zuteil werden, wenn er sich auf nachprüfbare Weise an seine Verpflichtungen hält. Der Rahmen der von den USA über den Iran wegen der Nuklearproblematik verhängten Sanktionen wird aber während eines großen Teils der Geltungsdauer der Vereinbarung aufrechterhalten werden; er wird im Falle von beträchtlicher Nicht-Erfüllung die Rückkehr zu Sanktionen gestatten. Alle von Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zum iranischen Nuklearprogramm beschlossenen Resolutionen werden aufgehoben werden, sobald der Iran alle die Schlüsselangelegenheiten (Anreicherung, Fordow, Arak, PMD und Transparenz) betreffenden Maßnahmen durchgeführt hat."
In der Erklärung des Regimes heißt es: „Nach der Erfüllung des gemeinsamen Handlungsplans werden alle Sanktionen der UNO aufgehoben werden, ebenso werden alle multilateralen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen europäischer Länder, ebenso die der USA, die Finanzen, Versicherungen, Investitionen und damit verbundene Dienstleistungen auf dem Felde von Öl, Gas, Petrochemie und Auto-Industrie betreffen, annulliert werden."

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